Schönes Wetter lockt viele Menschen ins Freie – zum Wandern, Radfahren oder Picknicken in der Natur. Doch wie sieht es aus mit der Zeckengefahr? Noch immer kursieren viele Gerüchte rund um den kleinen Blutsauger. Svenja Schatz, die Leiterin der Zentralen Notaufnahme in der Helios Klinik Rottweil, räumt mit den wichtigsten Mythen auf.

1. Zecken beißen

Oftmals redet man vom Zeckenbiss. Aber das ist falsch. „Mit zwei Mundwerkzeugen ritzen Zecken die Haut ihrer Opfer auf und saugen das Blut aus dem verletzten Gewebe“, erklärt Schatz. „Die Tiere beißen also nicht, wie oft angenommen wird, sie stechen.“ Die meisten Menschen bemerken die Verletzung nicht, denn die Zecke betäubt die Stelle mit ihrem Speichel. Dieser enthält außerdem Stoffe, die das Blut am Gerinnen hindern und eine Entzündung unterdrücken.

Svenja Schatz leitet die Zentrale Notaufnahme in der Helios Klinik Rottweil.
Svenja Schatz leitet die Zentrale Notaufnahme in der Helios Klinik Rottweil. Bild: Tatsiana Zelenjuk

2. Zecken entfernt man mit einer Drehbewegung

„Durch das Herausdrehen wird der Speichelfluss der Zecke angeregt. Die Tiere könnten sich außerdem in die Einstichstelle übergeben und so erst recht Krankheitserreger übertragen. Besser ist es deshalb, die Zecke dicht über der Haut zu packen, möglichst gerade herauszuziehen und vollständig zu entfernen“, rät die Expertin. Am besten eignen sich dazu sogenannte Zeckenpinzetten, -zangen oder Zeckenkarten. Diese bekommt man zum Beispiel in der Apotheke. „Wenn man die Anatomie der Zecke beachtet, ergibt gerades Herausziehen auch Sinn. Denn statt einem Gewinde haben die Mundwerkzeuge der Zecke Widerhaken. Zecken „schrauben“ sich also nicht in die Haut, sie verankern sich mit Hilfe der Widerhaken“, beschreibt die Notaufnahme-Chefin. Um diese zu lösen, kann es helfen, die Haut beim Herausziehen mit den Fingern leicht anzuspannen. Anschließend sollte man die Stelle desinfizieren.

3. Bleibt der Kopf stecken, entzündet sich die Einstichstelle

Die Angst, dass der Kopf der Zecke stecken bleibt und dadurch Erreger in die Wunde gelangen, ist unbegründet. Zecken haben keinen Kopf. Was gelegentlich stecken bleibt, sind die Mundwerkzeuge. Das ist aber in der Regel unproblematisch. Diese Fremdkörper stößt der Körper ähnlich wie einen Holzsplitter nach einer gewissen Zeit von selbst ab. Erst wenn sich die Stelle entzündet, sich ein roter Ring bildet oder grippeähnliche Beschwerden wie Fieber, Kopfschmerzen oder Gliederschmerzen auftreten, sollte man ärztlichen Rat einholen.

4. Zecken übertragen viele Krankheitserreger

Zeckenstiche sind zwar in den meisten Fällen harmlos, aber nicht immer. Über den Speichel können sie Viren, Bakterien und Einzeller übertragen. „Am meisten gefürchtet ist die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), denn diese durch Viren verursachte Hirnhautentzündung kann unter Umständen tödlich enden“, erklärt die Leiterin der Helios-Klinik-Notaufnahme. „Weitaus häufiger ist aber die Lyme-Borreliose, die durch Bakterien hervorgerufen wird“, führt sie weiter aus. Darüber hinaus sind noch etwa 50 weitere Krankheiten bekannt, die durch Zecken übertragen werden können. Die meisten von ihnen sind aber sehr selten.

5. Nur Zecken in Risikogebieten sind gefährlich

Es kommt darauf an: Die Übertragung einer Borreliose ist überall möglich, die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) tritt hingegen insbesondere in Süddeutschland auf – fast ganz Baden-Württemberg wird vom Robert-Koch-Institut als FSME-Risikogebiet ausgewiesen. Wer rund um die Einstichstelle einen roten Fleck bemerkt, eine sogenannte Wanderröte, sollte unbedingt ärztlichen Rat, zum Beispiel beim Hausarzt, einholen. Hier hilft nur ein Antibiotikum. „Grundsätzlich gilt: Je länger die Zecke bereits saugt, umso höher ist die Gefahr, dass Krankheitserreger übertragen werden. Hat man eine Zecke entdeckt, sollte man sie deshalb zeitnah entfernen“, betont Schatz.