Die scharfe Klinge aus Metall glänzt so wie Mattis‘ Augen. Der Vierjährige hält stolz sein erstes Schnitzmesser in der kleinen Kinderhand – in der anderen Hand ein Stöckchen aus der unermüdlichen Sammlung des großen Bruders Silas. Der Sechsjährige setzt direkt die Klinge an, die Rinde am Ast soll weichen. Mattis zögert noch, fasziniert davon, wirklich ein „echtes Messer“ in der Hand zu halten.

Einfach mal verschiedene Werkzeuge und Materialien ausprobieren.
Einfach mal verschiedene Werkzeuge und Materialien ausprobieren. Bild: Salzmann-Eltermann

„In handwerklichen Familien oder auch Waldkindergärten haben die kleinen Waldläufer schon früh ein Messer zur Hand“, versucht die Mutter und Autorin dieses Textes sich selbst zu beruhigen. Aber ob das wirklich so eine gute Idee war? Der Lockdown und die zusätzliche Zeit mit dem Nachwuchs machen erfinderisch – oder übermütig? Und zack, hat sich der Vierjährige in den linken Zeigefinger geschnitten. Große Augen beobachten die ersten Blutstropfen, dann entschließt er sich doch, ein bisschen „Drama“ auszupacken und schreit. „Ok, Pflaster holen und nochmal von vorne“, denkt sich die Mutter, ihrerseits Spezialistin in diversen Formen von ungeplanten Fingerschnitten.

Wichtige Regeln

Was für „schnittige“ Mütter beim Vesper schnippeln gilt, ist auch für Schnitzer-Kinder wichtig: Beim Schneiden gibt es einige Regeln zu beachten. Sonst kann es schnell zu einer tiefen Schnittwunde kommen. Die Regeln am besten vor dem Loslegen deutlich mit den Kindern besprechen – und sie nie ohne Aufsicht werkeln lassen...

Beim Schnitzen sitzen

Erste Regel, auch für Mütter: Auf die Hände konzentrieren, die Schnitzarbeit im Blick behalten. Geschnitzt wird idealerweise im Sitzen: Da ist der Körper viel stabiler als beim Stehen oder Gehen. Zum Herumlaufen wird das Messer dann eingeklappt. Wenn mehrere Kinder schnitzen, immer Abstand von einem Meter halten. Dann passiert auch nichts, wenn einer mal mit dem Messer abrutscht. Aber: Es wird immer vom Körper weg geschnitzt, niemals zum Körper hin. Die Hand, die das Holz hält, liegt immer hinter dem Messer.

An der Haltehand kann ein Schnitzschutzhandschuh für Anfänger Sinn machen – allerdings geht damit auch etwas das Gefühl für feinere Handgriffe verloren. Das Holz sollte niemals auf dem Bein zur Bearbeitung abgelegt werden. Wenn, dann auf einer geeigneten Oberfläche wie einem Arbeitstisch. Entscheidend ist, dass er nicht wackelt. Nach dem Schnitzen wird das Messer immer wieder verschlossen und am besten auch in eine Hülle verpackt.

Die Ausstattung

Das Schnitzmesser: Es sollte in der Größe und Form des Griffs zum Kind passen, damit es sicher in der Hand liegt. Das optimale Messer hat eine abgerundete Spitze und eine kürzere Klinge als bei Modellen für Erwachsene. Aber Vorsicht: Diese Messer sind trotzdem sehr scharf. Stumpf erhöhen sie nämlich tatsächlich die Verletzungsgefahr.

Schnitzen kann man natürlich überall, das eingeklappte Messe haben Silas und Mattis schnell im Kinderrucksack verstaut. Sie freuen sich schon auf die Wanderpause und das Stöcke anspitzen. Achtung: Geschnitzt wird trotzdem nur am Werkstück, nie an Bäumen oder anderen Gegenständen.

Hilfreich, wenn man zuhause werkelt: Handbohrer, Sägen, Holzraspeln und Schmirgelpapier. Für weitere Projekte: Schere, Nägel und Hammer, Küchengummis, Kordeln und Schnüre.

Das richtige Holz

Trockenes Holz ist härter und schwieriger zu bearbeiten. Zum Ausprobieren eignet sich daher eher frisches Holz von Hasel, Weide oder Ahorn – das lässt sich gut schnitzen. Zu Bedenken: Grünholz mit hohem Saftgehalt schrumpft nach dem Trocken noch etwas, es können Risse in Figuren entstehen. Und: Es ist nicht erlaubt, im Wald, Parks oder fremden Gärten einfach so viele Äste oder Zweige zu entfernen. Daher am besten bei Nachbarn, beim Wertstoffhof oder für Baumschnitt zuständige Firmen nach Material anfragen.

Ideen und Projekte

Am Anfang lässt man die Kinder einfach einen Stock anspitzen, zum Beispiel für das Lagerfeuer mit Stockbrot. So können die Kinder den richtigen Umgang mit dem Messer lernen, ohne gleich vor einer schwierigen Aufgabe zu stehen. Klappt das Anspitzen gut, können die Kinder kleine Holztierchen oder andere Projekte schnitzen.

Der Fantasie frei laufen lassen, Äste geben oft interessante Formen vor. Im Internet geben zahlreiche Blogs auch Ideen für Wanderstäbe, Korkenschleudern, Dolche und Pfeile für kleine Ritter und Indianer, Blattsegel-Flöße, Ketten, ja sogar Hirtenflöten oder rustikale Bilderrahmen.

Schnittchen für alle? Bitte nicht! Also im Holz natürlich schon, aber nicht in den Fingern. Als es mal wieder tagelang regnet, machen sich Silas und Mattis zuhause ans eifrige Hämmern und Bauen wilder Holzfiguren. Dann finden auch die alten Kastanien und Walnussschalen noch Verwendung. Und wenn alle Regeln beachtet werden, ist Schnitzen wirklich entspannend. Viel Spaß!