Lost Places: Das sind verlassene Bauwerke und Gebäude. Meistens handelt es sich um Fabriken, Höfe, Krankenhäuser oder Bahnhöfe. Es können aber durchaus auch Überreste von Schienen oder Fahrzeuge sein. Eine, die sich auf das Ablichten solcher Plätze spezialisiert hat, ist Jasmin Seidel aus Pfaffenweiler bei Freiburg. „Es ist einfach faszinierend, wenn man an solche Orte kommt, denn man weiß nie, was einen erwartet und ob man reinkommt“, erklärt die 41-Jährige. „Mich interessiert auch immer die Geschichte hinter dem Lost Place, der nicht selten so etwas wie eine Zeitkapsel ist, in der die Zeit stehen geblieben ist.“ Nicht selten erfährt sie an solchen Plätzen einiges über die Menschen, die dort gelebt haben, als der Ort verlassen wurde.

Autorin Jasmin Seidel beim Fotografieren an einem Lost Place.
Autorin Jasmin Seidel beim Fotografieren an einem Lost Place. Bild: privat

Verhaltensregeln

Jasmin Seidel hat, wenn sie Lost Places besucht, immer eine Kamera dabei und versucht die Plätze so abzulichten, wie sie sind. „Mein Ziel ist es, in den Bildern die Würde des Ortes darzustellen“, erklärt sie. „Dazu gibt es auch klare Verhaltensregeln für Lost-Place-Fotografen.“ Das oberste Gebot ist, dass man alles so belässt, wie es ist und nichts verändert oder inszeniert. Außerdem sollte man sich so bewegen, als ob man ein Gast wäre. „Man dringt keinesfalls mit Gewalt in einen Lost Place ein und lässt auch nichts mitgehen“, betont Jasmin Seidel. „Und ganz wichtig: Man verrät eigentlich nicht, wo genau sich dieser Platz befindet.“

Der verlassene Bahnhof am westlichen Bodensee.
Der verlassene Bahnhof am westlichen Bodensee. Bild: Jasmin Seidel

Einer dieser Orte liegt im westlichen Bodensee und ist ein verlassener Bahnhof, der bereits eine Ruine ist. „Ich wusste, dass es ihn gibt, weil ich schon Bilder davon gesehen hatte“, erinnert sich Jasmin Seidel. „Allerdings hatte ich ihn gar nicht auf dem Schirm, als wir dort unterwegs waren.“ Beim Vorbeifahren auf dem Weg zu einem anderen Platz habe sie ihn zufällig entdeckt. „Natürlich haben wir angehalten und sind hingegangen“, sagt sie. „Dabei sind tolle Bilder entstanden. Es hat sich gelohnt.“

Der verlassene Bahnhof am westlichen Bodensee.
Der verlassene Bahnhof am westlichen Bodensee. Bild: Jasmin Seidel

Nur noch die Außenmauern

Eigentlich sei der Bahnhof kein klassisches Lost Place, denn es stehen lediglich noch die Außenmauern. „Eigentlich gibt es da viel zu wenig“, erklärt die 41-Jährige. „Dennoch gibt es einige tolle Details wie die türkisfarbenen Fensterläden.“ Es sei eine ganz besondere Atmosphäre gewesen, von der die Lost-Place-Fotografin beeindruckt war. „Ich finde den Pflanzenbewuchs an den Mauern jedes Mal faszinierend“, erzählt Jasmin Seidel. „Mit dem richtigen Licht entstehen da wunderbare Aufnahmen.“

Fensterläden am verlassenen Bahnhof am westlichen Bodensee.
Fensterläden am verlassenen Bahnhof am westlichen Bodensee. Bild: Jasmin Seidel

Der Bahnhof

Der Bahnhof wurde 1873 erbaut. „Für das kleine Dorf ist er recht groß“, zeigt sich die Fotografin überrascht. Auch die alten Gleise sind noch zu erkennen, auf denen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein die Züge vorbeigefahren sind. Vor dem Gebäude sollen Kies und Holz verladen worden sein. Nach etwa 100 Jahren wurde die Verbindung unrentabel und schließlich eingestellt. Seitdem fristet der Bahnhof ein einsamen Dasein. Ein Dach gibt es nicht mehr, dafür bietet die Kulisse tolle Motive für Lost-Place-Fotgrafen.