Einst dümpelten sie auf den alten Schwarzwaldhöfen im „Liptinghäusle“ gebrechlich vor sich hin. Weit gefehlt! Unsere heutigen Rentner widmen sich schwungvoll neuen Aufgaben. Nicht umsonst hält sich hartnäckig der Spruch: „Rentner haben niemals Zeit!“
Den einen geht es bei den Tätigkeiten um die Aufstockung des monatlichen Einkommens. Den anderen liefert es einen Grund, mal wieder unter die Leute zu kommen und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Eine dritte Gruppe freut sich über einen strukturierten Zeitplan, um dem Leben einen Rahmen zu geben. Dem Rest geht es einfach um mehr Bewegung und Aktivität, die Körper und Geist fit erhalten.
Hier erzählen einige „rüstige Rentner“ aus der Hüfinger Altstadt und Umgebung, was sie dazu bewog, noch mal die Ärmel hochzukrempeln, um einer Nebentätigkeit nachzugehen.
Rainer Kässer
Der ehemalige Stuttgarter Kripobeamte Rainer Kässer zog der Liebe wegen nach Hüfingen. „Nachdem ich hier meine Anita heiratete, sie aber noch arbeitete, suchte ich einen Zeitvertreib. Zunächst schwebte mir vor für Autovermietungen den Transfer der Autos zu übernehmen. Durch einen alten Schulkameraden stieß ich dann auf den Job bei der Post. Ich dachte, das wäre auch was für mich. Man ist viel draußen, kommt mit Leuten zusammen.“
Ohne lange zu zögern fragte der gesellige Schwabe nach, ob sowas auch in der Hüfinger Gegend möglich sei. Und siehe da, bald hatte er den Job bei Arriva als ständige Aushilfe bei krankheitsbedingten Ausfällen. Der Bezirk erstreckt sich über Hüfingen und verschiedene Ortsteile bis hin nach Hattingen und ist größtenteils mit dem Fahrrad erreichbar. Er genießt die Bewegung und vor allem die Ungebundenheit. „Ich habe die Freiheit nein zu sagen, wenn ich spontan mal in Urlaub fahren möchte und bin somit nicht so eingespannt wie bei meiner damaligen Hauptarbeit.“
Ilse Maier

In Begleitung von Hund Benni sieht man sie einmal in der Woche munter, mit wippenden Locken durch die Straßen ziehen, beim Verteilen von Zeitungen im Hüfinger Kernstadtgebiet: Ilse Maier. Als gelernte Bauzeichnerin war sie bereits zu Berufszeiten in unterschiedlichen Bereichen tätig. Ob in der Vermessung, als Schreibkraft bei der Polizei, im ehemaligen Handwerksbetrieb ihres Mannes oder zuletzt bei einer Bräunlinger Bank.
Getreu dem Motto des von ihr gerne zitierten Max Rieple „Licht, Liebe und ein Lächeln erhellen den Tag“, bewarb sie sich in der Geschäftsstelle und erhielt sofort die Hüfinger Kernstadt als Austeilgebiet. „Auch Hund Benni genießt die Bewegung und vor allem die zwei, drei Anlaufstellen, wo er genau weiß, dass er jedes Mal ein Leckerli bekommt,“ weiß die aktive Seniorin zu berichten. Vor allem der Kontakt zu den Menschen ist es, den sie jede Woche neu genießt.
Evelyn Hermann

Nach 24 Jahren suchte Evelyn Hermann als ehemalige Vorstandsassistentin einer Bank, nach ihrem Eintritt in den Ruhestand, eine Tätigkeit, die so gar nicht ihrer vorherigen Arbeit glich. Nachdem sie im ersten Rentenjahr ihre Unabhängigkeit genoss, merkte sie bald, dass ihr Kontakte zu Kunden und Kollegen fehlten. Die jung gebliebene Mutter dreier erwachsener Kinder wollte etwas komplett Neues beginnen und stieß so über eine Anzeige für Minijobs auf ihre Aushilfstätigkeit bei einem Modegeschäft. „Was mich dabei besonders ansprach, dass es wohnungsnah gelegen war, so dass ich kein Auto benötige und auch, dass es im Bereich der Mode-Sparte liegt.“
Da die Arbeitspläne immer monatlich im voraus gemacht werden, ermöglicht ihr der Job eine gewisse Flexibilität. Auch der Wunsch andere Erfahrungsbereiche zu erforschen und neue Ideen zu sammeln, bedingten ihren Entschluss, sich nach 45-jähriger Berufserfahrung nochmals ins pralle Leben zu stürzen und die Richtung zu ändern. „Das Schöne daran ist, dass ich es machen kann solange mir die Arbeit Spaß macht und die Gesundheit es zulässt. Ich bin nicht, wie bei meiner Haupttätigkeit, davon abhängig und kann jederzeit aufhören.“
Tilo Balzer

Tilo Balzer widmet sich ebenfalls dem Verteilen von Zeitungen. Während seiner beruflichen Laufbahn war er im Transportdienst des Krankenhauses tätig. Als Rentner mangelte es ihm deshalb etwas an Bewegung. Gleichzeitig war es ihm wichtig, seine Nichte noch weiter unterstützen zu können. So antwortete er – nachdem er mitbekommen hatte, dass auch seine Nachbarin mit Begeisterung Zeitungen austrug – auf die Prospektwerbung „Zeitungsausträger gesucht“ und betreut seither den circa dreistündigen Fußweg von Mönchshof bis Schaffhauser Straße. Da alles auf einmal gewichtsmäßig im Wagen schwer zu stemmen wäre, verteilt er die Arbeit auf zwei Fuhren und lädt so zwischendurch wieder nach.
Es freut Balzer besonders, dass einige ältere Damen schon wöchentlich auf ihn und seine Zeitung warten. Da ist er auch für eine Runde Plaudern zu haben, was die Zeit verkürzt bis seine Frau Verena von der Arbeit nach Hause kommt. Auch Aushilfe im Krankenhaus wäre als Option für ihn in Frage gekommen. Wichtig ist es ihm, unterschiedliche Leute zu treffen und seine sozialen Kontakte zu erweitern.