Ein Schmerz in der Brust oder der Arm tut weh aus heiterem Himmel – eben war man noch fröhlich mit dem Fahrrad unterwegs und plötzlich ist man ohne Bewusstsein und ohne Atmung auf dem heimischen Sofa zusammengebrochen! Diese Situation ist schwer vorstellbar, aber für jährlich 50.000 Menschen Alltag in Deutschland. Jetzt ist höchste Eile angesagt, es kommt auf jede Sekunde an. Der schnell zur Hilfe gerufene Notarzt und die Sanitäter mit dem Rettungswagen sind meist nach 10 Minuten zur Stelle und trotzdem ist es oft zu spät. Diese professionellen Helfer können insbesondere in ländlichen Regionen einfach nicht schneller sein, und die vom plötzlichen Herzstillstand Betroffenen versterben oder überleben zwar, aber erleiden irreparable gesundheitliche Schäden.

Diese relative Hilflosigkeit wollten Freiburger Notärzte und Intensivmediziner nicht länger hinnehmen und gründeten den Verein „Lebensretter“ mit dem Ziel, ein flächendeckendes System von Ersthelfern zu installieren. Zahlreiche Landkreise haben die Idee aufgegriffen und haben diese schnelle erste Hilfe in der Region ebenfalls installiert. Auch im Schwarzwald-Baar-Kreis gibt es Menschen, die Leben retten wollen.

Und so funktioniert die Lebensrettung

Mittels einer App, die jeder Helfer auf seinem Smartphone installiert hat, wird im Notfall festgestellt, wer sich in unmittelbarer Nähe befindet und es werden drei bis vier Helfer angefragt, ob ein lebensrettender Einsatz möglich ist. Diese werden dann zum Notfall geschickt. Zwei dieser Helfer kümmern sich ausschließlich um den Patienten, einer organisiert schnellstens einen Defibrillator und der vierte ist für Organisation und Einweisung des parallel angeforderten Rettungsdienstes zuständig.

Wir wollten es genauer wissen und fragten nach: Dr. Johannes Kohler ist Chefarzt der Kardiologie im Schwarzwald-Baar-Klinikum. Er koordiniert die Einsätze der regionalen Lebensretter.

Dr. Johannes Kohler ist Chefarzt der Kardiologie im Schwarzwald-Baar-Klinikum.
Dr. Johannes Kohler ist Chefarzt der Kardiologie im Schwarzwald-Baar-Klinikum. Bild: Rüdiger Fein

Herr Dr. Kohler, was ist wesentlich, wenn man auf eine solche Situation trifft?

„Das wichtigste Kriterium ist die Zeit. Es muss schnell gehen mit den Maßnahmen zur Reanimation wobei die ersten fünf Minuten über Leben und Tod entscheidend sind. Der erste Helfer vor Ort muss sofort mit der Herzdruckmassage und der Beatmung beginnen, auch um eventuellen Folgeschäden vorzubeugen. Hier sind die ersten vier bis fünf Minuten entscheidend, weil sonst die fehlende Sauerstoffzufuhr für das Gehirn irreparable Schäden zur Folge haben kann.“

Das ist eine recht kurze Zeit, woher kommt so schnell Hilfe?

„Genau hier setzt das System der Lebensretter ein, wenn wir das Helfernetz so verdichten können, dass sich immer ein oder zwei Helfer in unmittelbarer Umgebung des Notfalls aufhalten. Dann ist es möglich in ganz kurzer Zeit beim Patienten zu sein und die lebensrettenden Maßnahmen durchzuführen.“

Das erreichen Sie wie?

„Wir setzen hier auf die Freiwilligkeit von vielen Menschen, die bereits beruflich oder ehrenamtlich mit gesundheitlichen Themen befasst sind. Das können idealerweise Kranken- oder Altenpfleger/innen sein, aber auch Beamte der Polizei, Feuerwehrleute, Apotheker oder medizinisch versierte Laien.“

Wie stellen Sie die Eignung fest?

„Jeder der sich bereit erklärt als Lebensretter erfasst zu werden, muss uns natürlich seine Eignung nachweisen. Dann erhält er eine extra entwickelte App für sein Smartphone und einen Starter-Rucksack.“

Und wie erfolgt die Alarmierung des Lebensretters?

„Grundsätzlich erfolgt eine Alarmierung über die gängigen Notrufzentralen. Diese stellen den Notfall fest und der Rest läuft softwaregesteuert automatisch ab. Die App stellt fest, wer in der Nähe ist und fragt unter Weitergabe des Standorts an, ob der Helfer bereit ist zu helfen. Dieser meldet das OK zurück und macht sich gleichzeitig auf den Weg.“

Eine sicherlich gute Idee, die es aber sicher nicht zum Nulltarif gibt?

„Sie haben Recht, der Verein ist hier natürlich auf Spenden und Sponsorengelder angewiesen. Außerdem hat der Oberbürgermeister der Stadt Villingen-Schwenningen, Jürgen Roth, vorgeschlagen hier alle Kreisgemeinden mit einem minimalen Beitrag, der sich an der Zahl der Einwohner orientiert, an den Kosten zu beteiligen. Außerdem sind wir im Gespräch mit verschiedenen Krankenkassen, die auch ein Interesse haben müssten, denn die Folgeschäden nach einem Herzstillstand sind mit Sicherheit teuer.“

Brauchen Sie noch Helfer?

„Ja, danke für die Frage, jeder Mensch der sich geeignet und berufen fühlt hier Hilfe zu leisten, sollte mit uns Kontakt aufnehmen. Auf unserer Webseite kann man sich unter https://regionderlebensretter.de registrieren lassen und wir setzen uns mit den möglichen Helfern in Verbindung.“