Ohne die Pandemie würde ich jetzt wahrscheinlich auf irgendeinem Festival herumspringen und hätte einen 14-Stunden-Tag“, schmunzelt Simon (35). Schon seit er 18 Jahre alt ist, ist er in der Veranstaltungsbranche tätig. „Als ich aufs Gymnasium ging, habe ich nebenher bei Konzerten gearbeitet, um meinen Motorradführerschein zu finanzieren.“ Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt war die Nebentätigkeit für Simon mehr als nur ein Job. „Viele denken, das Faszinierende ist der engere Kontakt zu großen Stars und bekannten Künstlern“, erzählt Simon. „Aber das war es gar nicht mal so. Mit 18 im Backstage-Bereich zu arbeiten und hinter der Bühne rumzuspringen – das war einfach cool!“
Ausbildung im Stadttheater
Mit dem Abitur in der Tasche absolvierte er im Stadttheater Konstanz eine Ausbildung zum Veranstaltungstechniker. Es folgten verschiedene Stationen als Produktionsassistent, Bühnenbauer und Produktionsleiter. Verschnaufpausen gab es kaum. Festivals wie das Southside Festival oder Rock am Ring finden immer am Wochenende statt, und Tourneen wie die European Outdoor Film Tour führen monatelang durch viele Städte.
„Eine Ausbildung bedeutet auch, erneut die Schulbank zu drücken und weniger Geld auf dem Konto zu haben.“Simon Weise
Die Arbeitstage in der Eventbranche sind lang, die Nächte kurz. „Viele haben eine sehr – ich sag immer „romantische“ – Vorstellung von dem Leben in der Eventbranche“, erzählt Simon. „Letztlich ist es aber ein sehr einsames Leben, in dem man nur selten Wochenende hat und in dem es ab einem gewissen Grad auch schwierig ist, eine Beziehung zu führen.“
Stillstand in der Pandemie lässt Raum für Neuorientierung
In den letzten drei Jahren hat Simon in Konstanz gelebt. Seine Wohnung hat er nun gekündigt. „Durch den Stillstand in der Pandemie hatte ich Zeit, in Ruhe darüber nachzudenken, ob das Leben in der Eventbranche eigentlich immer noch das ist, was ich möchte. Mir wurde bewusst, dass ich mir mehr Freizeit und geregelte Arbeitszeiten wünsche, und dass mir heute andere Dinge wichtiger sind als früher.“
Berufliche Inspiration beim Junggesellenabschied
Es war dann ein Junggesellenabschied, der ihn auf die Idee brachte, einen beruflichen Neustart als Winzer zu wagen. „Es war nicht der klassische Junggesellenabschied, den man sich so vorstellt. Es war etwas gediegener, auf einem Weingut. Dort bin ich mit den Leuten von der Kellerei ins Gespräch gekommen.“ Ein Leben als Winzer konnte sich Simon, der gerne draußen arbeitet, sofort gut vorstellen. „Trotzdem habe ich lange mit mir gehadert. Eine Ausbildung bedeutet auch, erneut die Schulbank zu drücken und weniger Geld auf dem Konto zu haben.“ Nach vielen Gesprächen war der Entschluss dann aber gefasst.
Den neuen Weg schlägt er mit einem lachenden und einem weinenden Auge ein „Der Eventbranche werde ich wahrscheinlich nie ganz den Rücken kehren. Allerdings, wenn ich nicht wirklich davon überzeugt wäre, dass es das ist, was ich beruflich die nächsten 20 bis 30 Jahre mit meinem Leben machen möchte, würde ich diesen Weg nun auch nicht einschlagen.“ Wie es nach der Ausbildung weitergeht, lässt er offen.
„Mal schauen. Wahrscheinlich sattle ich noch den Kellermeister drauf. Ich lasse das alles erst einmal auf mich zukommen.“ Auf die Frage, ob er sich vorstellen kann, irgendwann wieder am See zu leben antwortet er: „Konstanz ist eine tolle Stadt. Ich habe hier meine Jugend verbracht, lebe sehr gerne hier und komme auch immer wieder gerne zurück.“
Aber jetzt bricht Simon seine Zelte in Konstanz erst einmal ab, um in Bruchsal mit einer Ausbildung zum Winzer beruflich neue Wege zu beschreiten. mk