Wissen Sie, wo Ihr Gemüse herkommt? Also nicht nur, aus welchem Land, sondern auch, aus welchem Ort? Von welchem Feld und wer es dort angebaut hat? Und wie der Landwirt, der das Feld bewirtschaftet, dafür entlohnt wird? Die Mitglieder der SoLawi Konstanz wissen das. Denn sie beziehen ihr Gemüse von Gärtner Josef Müller auf der Reichenau. Wie das funktioniert? Nach dem Prinzip der Solidarischen Landwirtschaft.
Über das ganze Jahr verteilt versorgt der Landwirt die Mitglieder des Vereins Solidarische Landwirtschaft Konstanz e.V. (SoLawi) wöchentlich mit Blumenkohl, Radieschen, Zucchini oder auch Feldsalat – je nach dem, was gerade Saison hat. Josef Müller wiederum berechnet einmal im Jahr, welche finanziellen Mittel er zur Bewirtschaftung der kommenden Saison von den Vereinsmitgliedern benötigt. Unter dem Strich: Die Mitglieder bekommen jede Woche frisches Gemüse aus der Region und der Landwirt dafür einen fairen Preis.

Auch Svenja Mayer gefiel vor allem die Grundidee, dass Landwirtschaft fair bezahlt wird. „Man kann nicht kontrollieren, was auf der anderen Seite der Welt passiert“, sagt sie. Doch hier vor Ort geht das durchaus: „Wir fragen Josef, was er zum anbauen braucht.“ Damit alle Kosten gedeckt sind und der Landwirt davon leben kann. Svenja Mayer kümmert sich bei der SoLawi Konstanz mit weiteren Vereinsmitgliedern um des Thema Öffentlichkeitsarbeit und berichtet von dem jungen Verein und seiner Entstehung. „Angefangen hat alles mit vier motivierten Frauen.“ Die kannten das Projekt bereits aus anderen Städten. 2018 wurde der Verein dann am Bodensee gegründet und mit Josef Müller schnell der passende Gärtner gefunden. Heute zählt die SoLawi Konstanz 281 Mitglieder und 180, die Gemüse beziehen.
Bei der Solidarischen Landwirtschaft müssen die Kosten gedeckt sein
Was die verschiedenen Zahlen zu bedeuten haben? Wer Gemüse im Verein beziehen will, muss an der sogenannten Bieterrunde teilnehmen. Hier entscheidet sich, wie die Kosten für die Bewirtschaftung aufgeteilt werden. Wer zwölf Monate lang wöchentlich Gemüse beziehen will, gibt bei der Bieterrunde ein Gebot pro Gemüseanteil ab. Zur Orientierung gibt es einen Richtwert, der sich an der Budgetplanung für die kommende Saison orientiert. Sprich: Bietet jeder genau den Richtwert, sind die Kosten gedeckt. Je nach eigenem finanziellen Spielraum können aber auch niedrigere oder höhere Gebote abgegeben werden.
Entscheidend ist, dass die Gesamtkosten gedeckt werden. Ist das nach Auszählung der Gebote nicht der Fall, gibt es eine zweite Runde. Und gegebenenfalls auch eine dritte. Sollte es auch dann nicht zu einer Kostendeckung kommen, würde die Produktion nicht aufgenommen werden. Das sei bei der SoLawi Konstanz allerdings noch nicht passiert, berichtet Mayer. Dennoch ist der Erfolg der Veranstaltung entscheidend: „Mit der Bieterrunde steht und fällt das gesamt Jahr der SoLawi.“
Bei der Bieterrunde legen sich die Gemüsebezieher für ein Jahr fest. Bezahlt wird monatlich, ihren frischen Gemüseanteil können sie sich jede Woche an einem der zentralen Verteilpunkte in Konstanz abholen. Und was steckt in so einem Anteil? Eine bunte Mischung an saisonalem Gemüse – je nach dem, was gerade geerntet wurde. Und das ist überraschend vielfältig. Angebaut werden mehr als 40 Sorten, erklärt Mayer. Zudem gibt es noch Kartoffeln vom Müllerhof in Kaltbrunn. Und wenn eine Ernte ausfällt? Dann gehen auch die Gemüsebezieher leer aus. Denn auch das gehört zum Prinzip der Solidarischen Landwirtschaft. Mitglieder und Landwirt teilen sich Kosten und Ernte – aber sie teilen sich eben auch die Risiken.
Mitglieder der SoLawi Konstanz treffen sich in Arbeitsgemeinschaften
Viele Mitglieder der SoLawi Konstanz sind Familien, erzählt Mayer. Aber auch Studierende und ältere Generationen sind vertreten. Über eine Kerngruppe hinaus ist der Verein in verschiedenen Arbeitskreisen organisiert, die sich um Themen wie Kooperationen, Logistik und Veranstaltungen kümmern. Aber auch in Arbeitsgemeinschaften und Workshops finden sich Mitglieder zusammen. Etwa in der Einkoch- oder der Rezept-AG. Und wer möchte, kann sich auch direkt bei Josef Müller selbst landwirtschaftliche Fähigkeiten aneignen.
Das Prinzip der Solidarität soll im Verein auch für die Mitglieder gelten. Zwar variieren die Gebote bei der Bieterrunde. Unter dem Strich muss die Summe aller Gebote aber die Gesamtkosten decken. Die meisten Gebote sind deshalb in der Nähe des Richtwerts, erklärt Mayer. Für Menschen, die sich das nicht leisten können, bietet die SoLawi daher den sogenannten Gärtneranteil, für den die Gemüsebezieher selbst auf dem Feld mit anpacken.

Ob dieses solidarische Prinzip nicht ausgenutzt wird? Nein, sagt Mayer. „Die Leute kommen auf uns zu, weil sie die Idee toll finden.“ Die Idee der kurzen Lieferwege oder die Idee, einen Kontakt zur Landwirtschaft zu bekommen. Und die Idee der Wertschätzung. Denn: „Um die Landwirtschaft vor Ort zu halten, muss sie fair bezahlt werden“, sagt Mayer.
Mehr zum Verein gibt es unter www.solawi-konstanz.de