Die Konstanzer Autorin Ingelore Rembs hat sich in den vergangenen Jahren eine große Fangemeinde in der Region erschrieben.

Schauplatz Ihres neuen Buchs „Mehr als Liebe geht nicht“ ist ein schwäbisches Dorf. Welchen Bezug haben Sie zu dieser Welt?

Ich wollte mal weg von Konstanz und dem Bodensee. Ich bin zwar ein Stadtkind durch und durch, aber ich liebe auch die Dorfgeschichten. Eine Freundin von mir wohnt in der Nähe von Stuttgart in einem kleinen Ort, der Vorbild für das Dorf in „Mehr als Liebe geht nicht“ wurde. Ich finde den Zusammenhalt in kleinen Ortschaften schön, auch wenn es manchmal eng ist und viel getratscht wird. Es ist eine kleine Welt, die von den Originalen lebt. Ein Beispiel in meinem Buch ist dafür die Wirtin der einzigen Kneipe am Ort, der „Taubenschänke“. In meinen Geschichten greife ich auf, was ich höre und auch selbst erlebt habe und forme alles zu neuen Erzählungen.

Spielt darauf die Widmung im Buch an? Dort heißt es: „Für Evi und Erfried, deren Schicksal den Anstoß zu dieser Geschichte gab“.

Ja, das stimmt. Ohne zu viel vom Inhalt zu verraten, dreht es sich um eine alte Liebesgeschichte, die nach einigen Schicksalsschlägen noch eine gute Wendung nimmt. Meist habe ich den Schlusssatz im Kopf und arbeite dann zum Anfang hin.

Die Freundschaft zweier Frauen, Rita und Nadja, zeichnen Sie im neuen Buch nach. Wie wichtig sind Freundschaften?

Sie sind wie die Luft zum Atmen, man muss sie regelmäßig pflegen.

Neben den heiteren Liebesirrungen Ihrer Figuren spielen diesmal auch ernstere Themen eine Rolle. Schlagen Sie neue Wege ein?

Mein erstes Buch „Prosecco mit Linda“ ist mein naivstes, aber auch sehr erfolgreiches Werk. In jedem Buch erweitere ich meine Themen und auch meinen Stil. Starke Frauencharaktere sind mir immer wichtig, ebenso wie muntere Dialoge. Aber auch Schmerz und Verlust gehört zum Leben. Deswegen erleben Rita und Nadja den Tod eines Jugendfreundes oder den Tod von Nadjas Mutter. Vielleicht ist das eine Folge der Coronazeit, in der man sich mehr mit Tod, Krankheit und Trübsal beschäftigt hat. Das ist vielleicht miteingeflossen.

Hat Corona Ihre Fantasie gebremst?

Nein, mein Schreiben hat es nicht behindert. Aber persönlich haben mein Mann und ich uns isoliert gefühlt und hatten wenig Kontakt. Wir haben auch Freunde verloren, da wir Impfbefürworter sind. Impfen ist ein Geschenk ans Leben.

Sie haben selbst einige schlimme Zeiten in Ihrem Leben mitgemacht. Ihre Mutter floh mit Ihnen und Ihrer Schwester aus Schlesien 1945 in die spätere DDR.

Wir sind damals vor den Russen geflohen. Meine Mutter hatte mit meiner Schwester und mir in Guben Zuflucht gefunden. Mein Vater arbeitete im Erzgebirge in Aue im Uranabbau und versorgte uns. Alles änderte sich, als meine Mutter mit nur 36 Jahren an Krebs verstarb und wir aus dem idyllischen Guben ins graue Aue ziehen mussten.

Wie haben Sie es raus aus der DDR geschafft?

Mein Vater war uns gegenüber preußisch streng und ich wollte nur raus aus der Enge der sächsischen Provinz. Die Chance dazu kam schneller als gehofft. Mit 17 stahl ich den Lederkoffer meines Vaters, stopfte alle wichtigen Dinge hinein, die man für die große weite Welt benötigt, und verließ mein Zuhause, das nie eines gewesen war. Todesmutig schritt ich in Ostberlin über die Grenze und zählte dabei die Schritte: noch vier, noch drei, noch zwei! Ein zum Glück oberflächlicher Blick der DDR-Grenzposten in meinen Ausweis und eine lässige Handbewegung ließen mich passieren. Ich war in Westberlin.

Wie kamen Sie an den Bodensee?

Nach meiner Flucht in den Westen fand ich Unterschlupf bei meinen Großeltern in Schleswig-Holstein und eine Arbeit bei (damals noch) Telefunken. Es lag nahe, schnellstens flügge zu werden und Telefunken gab es auch in Konstanz. So kam ich an den Bodensee, der zu meiner Heimat geworden ist.

Und zum Bücherschreiben?

Mit dem Bücherschreiben habe ich erst im Rentenalter angefangen, wusste aber immer, dass ich irgendwann schreiben werde – spät, aber nicht zu spät. Jetzt habe ich die Zeit, mich in meinen Romanen mit den Alltäglichkeiten, die ja unser Leben ausmachen, zu befassen und niederzuschreiben. Ich glaube, da kommt noch mehr.

Wäre Ihr Leben nicht ein Stoff für ein Buch?

Ich denke tatsächlich darüber nach. Mich haben die Bücher von Helga Schubert sehr ergriffen, in denen sie ähnliche Erfahrungen schildert, wie ich sie gemacht habe. Ich habe ihr dann ein paar Seiten über mein Leben geschickt, die ich vor einigen Jahren geschrieben habe. Sie hat mich ermuntert, weiterzumachen.

Interview: Karin Stei