Zweieinhalb Jahre Pandemie haben den Konstanzer Kulturbetrieb schwer gebeutelt. Auch der Kulturladen hatte mit vielen Einschränkungen zu kämpfen. Nun steht der nächste Corona-Winter bevor, in Begleitung von Inflation und explodierenden Energiekosten. Wie geht es in diesen Zeiten weiter mit der inzwischen 40 Jahren alten Konstanzer Kultur- und Veranstaltungsinstitution? Michaela Hacker und Benjamin Kreibich vom KULA-Team haben unsere Fragen beantwortet. Das Interview wurde schriftlich geführt.
Das Oktoberprogramm des Kula mit zahlreichen Konzerten und Veranstaltungen steht, was sind Eure Erwartungen und Hoffnungen für den Herbst?
Michaela Hacker: Natürlich hoffen wir, dass wir vom Thema Corona mit all seinen Einschränkungen und ständigen spontanen Umplanungen in diesem Herbst/Winter verschont bleiben. Wir freuen uns außerdem, wenn unser Publikum, trotz schwieriger politischer und wirtschaftlicher Lage, die Lust nicht verliert, zu unseren Veranstaltungen zu kommen.
Die ersten Partys liefen bereits, kommen die Besucher zurück?
Benjamin Kreibich: Die Partys laufen sehr gut. Man kann deutlich spüren, wie sehr vor allem das junge Publikum die Einschränkungen durch Corona getroffen hat. Da muss was nachgeholt werden! Nicht ganz so einfach ist es aber bei den Live-Konzerten. Hier liegt der Altersdurchschnitt der Besucher*innen etwas höher und man merkt, dass die allgemeine Lage nicht gerade dazu führt, sich ausgelassen in die Freizeitgestaltung zu stürzen. Wir sind aber optimistisch und planen natürlich weiter. Auch im nächsten Jahr wird es ein tolles Programm und schöne Projekte geben.
Hat sich das Verhältnis zwischen Künstlern und Agenturen einerseits und eher kleineren Konzertveranstaltern wie dem KULA verändert?
Benjamin Kreibich: Der KULA hat eine Zwischengröße, die es im Booking nicht ganz einfach macht. Mit 450 Plätzen ist er nicht klein und nicht groß. Darum kommen Bands gerne vorbei, wenn Konstanz in die Tour passt, kommen aber nicht unbedingt extra soweit in den Süden.
Durch die Veränderung der Musikindustrie hin zum digitalen Konsum sind Bands mehr auf ihre Live-Gigs und die Einnahmen daraus angewiesen. Dies führt dazu, dass Gagen steigen. Zusätzlich können große Veranstalter*innen natürlich bessere Deals anbieten. Das führt wiederum zu einer strengeren Selektion von Seiten der Agenturen. Wir haben hier im KULA langjährige und gute Kontakte mit vielen Agenturen und Bands was uns bei der Gestaltung unseres Programms entgegenkommt.
Der Kula unterstützt seit Ausbruch des russischen Angriffskrieges ukrainische Geflüchtete. Was ist Euer Schwerpunkt?
Michaela Hacker: Gleich zu Beginn des Krieges war hier im Team einstimmig klar, dass wir helfen wollen. Durch Corona war unser Veranstaltungsbetrieb ohnehin eingeschränkt und wir wollten die Infrastruktur und den Platz den wir haben nutzen. Mit der ersten Sammelaktion hat sich die Hilfsaktion dann zum Selbstläufer entwickelt und wir haben die Aktionen immer den Notwendigkeiten der Geflüchteten angepasst. Durch das Café Ukraine, das jeden Sonntag stattfindet, sind wir nun zum Treffpunkt für Geflüchtete geworden und es ist ein enges Netzwerk entstanden. Momentan haben wir mit dem Café und der Kleiderausgabestelle unter dem Dach eine konkrete Ausrichtung, die jedoch flexibel ist. Wir lassen uns immer auf neue Anforderungen und Notwendigkeiten ein, und passen unsere Aktionen und unser Engagement dementsprechend an.
Land und Bund haben der Kulturbranche während der Pandemie finanziell geholfen. Wie geht es jetzt für den Kula finanziell weiter?
Michaela Hacker: Die Pandemie und die daraus resultierenden Förderungen haben in diesen schweren Zeiten einiges ermöglicht und auch für uns Möglichkeiten geschaffen, die sonst eher schwierig umsetzbar gewesen wären. Sei es die teilweise Renovierung und Aktualisierung des Saals und der Infrastruktur. Hierfür wäre im normalen Betrieb neben dem finanziellen Aspekt gar keine Zeit gewesen. Auch die Erweiterung des Teams und die Schaffung neuer Veranstaltungskonzepte, konnte dank diverser Förderungen umgesetzt werden. Hier ist zum Beispiel die Idee und Umsetzung des Kultursommer Konstanz entstanden.
Benjamin Kreibich: Natürlich stellen Land und Bund Stück für Stück die mit der Pandemie verknüpften finanziellen Förderungen ein. Unsere Aufgabe ist es nun, im direkteren Umfeld nach einer Erhöhung der bereits bestehenden Förderungen zu fragen. Seit vielen Jahren wird der Kulturladen von Stadt und Landkreis gefördert. Jedoch wurden diese Fördermittel seit Jahrzehnten nicht erhöht. Um in gewohntem Umfang und mit neuen Ideen agieren zu können, und die alternative und sozio-kulturelle Szene der Stadt dem Zeitgeist entsprechend gestalten zu können, wollen wir nun einen Antrag auf Zuschusserhöhung stellen. Wir hoffen natürlich, dass auch die Stadt die Relevanz unserer Arbeit wertschätzt und wir hier eine Erhöhung der Zuschüsse erwarten können.
Und wie geht Ihr mit den steigenden Energiekosten um?
Benjamin Kreibich: Wir sind natürlich von den steigenden Energiekosten betroffen. Der Stromverbrauch allein durch die Lichttechnik während einer Veranstaltung auf der Bühne ist enorm. Wir stellen bereits Stück für Stück auf LED-Betrieb um, aber auch dann ist allein die Menge an eingesetzter und strombetriebener Technik nicht von der Hand zu weisen.
Michaela Hacker: Wie wir genau mit dem Anstieg der Preise umgehen, müssen wir noch sehen. Preise enorm für unser Publikum zu erhöhen ist für uns nicht die Lösung. Dennoch werden wir gewisse Anpassungen vornehmen müssen, um keine Verluste zu machen.
Während der Pandemie hat die Konstanzer Kulturszene das neue Open-Air-Festival „Kultursommer Konstanz“ im Neuwerk veranstaltet, wie geht es damit weiter?
Benjamin Kreibich: Der Kultursommer ist seit dem ersten Corona-Sommer fester Bestandteil des kulturellen Lebens in Konstanz. In diesem Jahr haben wir ihn zum dritten Mal sehr erfolgreich durchgeführt. Hier hat das Kula federführend mit dem Zebra-Kino jedes Jahr Zuschüsse beantragt und die übergreifende Organisation übernommen. Die Stadt und der Landkreis möchten den Kultursommer auch in Zukunft erhalten, weshalb wir hier eine institutionelle Förderung für das nächste Jahr beantragen werden. Diese Förderung soll die Kosten der Infrastruktur wie Bühne und Technik abdecken, sodass der jeweilige Veranstalter nur die Kosten seiner direkten Veranstaltung zu tragen hat und somit auch kleinere Gruppierungen und Einrichtungen ohne finanzielles Risiko veranstalten können. Wenn hier alles gut läuft, wird es auch im nächsten Jahr einen Kultursommer geben.
Ihr wart mit dem Open See Festival, das immer im Sommer im Konstanzer Stadtgarten stattfindet, erstmals auch in Radolfzell zu Gast. Wie lief die Premiere?
Michaela Hacker: Es lief wirklich hervorragend. Wir sind total begeistert von der Location, der Offenheit der Stadt und der unkomplizierten Zusammenarbeit mit allen Beteiligten. Das wunderschöne Konzertsegel ist ein ganz besonderer Ort. Nachdem die Stadt Radolfzell nach dem Veranstaltungswochenende direkt eine Wiederholung gefragt hat, mussten wir nicht lange überlegen und haben den Termin für 2023 bereits fest reserviert.
Ihr habt diesen Sommer erstmals drei Konzerte auf der Insel Mainau veranstaltet, darunter ein exklusives Konzert mit Max Herre und Joy Denalane? Wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Zusammenarbeit?
Benjamin Kreibich: Bereits im letzten Jahr war eigentlich ein Konzert auf der Mainau schon im Vorverkauf. Leider musste das Konzert abgesagt werden und somit kam es damals nicht zu einer Veranstaltung auf der Insel. Wir haben jedoch direkt mit der Mainau auch schon damals vereinbart, für das Jahr 2022 gleich mehrere Veranstaltungen zu planen. In Kooperation mit Kokon-Entertainment sind wir dann zu Max Herre gekommen.
Auch hier konnten wir durch die Zuschüsse von Land und Bund ein höheres Risiko eingehen und auch intensivere Kosten abdecken. Sollte sich die Mainau auf eine Kooperation mit uns einlassen, würden wir uns sehr freuen, auch im nächsten Jahr dort zu veranstalten. Hier werden wir bald Gespräche führen.
Die Fragen stellte Ralf Baumann