Mit der im Mai 2021 beschlossenen Mehrwegangebotspflicht sollen Einwegverpackungen aus Kunststoff ersetzt werden, deren Verbrauch seit Jahren steigt. Die Vorgabe gilt für Betriebe und Ketten, die Essen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen wie Bäckereien, Bistros, Cafés, Restaurants, Imbisse, Kantinen, Mensen, Essenstheken sowie Salatbars im Einzelhandel. Die Betriebe sind verpflichtet, Kunden auf die Möglichkeit hinzuweisen, Waren auch in Mehrwegbehältnissen zu erhalten bzw. diese in selbst mitgebrachten Mehrwegbehältnissen füllen zu lassen.

„Wir haben Anfang 2021 damit angefangen, Mehrweggeschirr zum Mitnehmen anzubieten“, sagt Ramona Grutschnig, die gemeinsam mit ihrer Mutter das Rosgartencafé in der Innenstadt führt. Auf der Verkaufstheke im Erdgeschoss sind die Pfandbecher und -schüsseln prominent platziert.

Das beliebte Café in der Konstanzer Innenstadt bietet inzwischen bei den To-Go-Getränken gar keine Einweg-Becher mehr an. „Anfangs haben sich manche Kunden noch darüber aufgeregt, mittlerweile haben sie es akzeptiert“, sagt Grutschnig. Und wie sieht es bei den Speisen aus? „Wir verkaufen nicht sehr viel warmes Essen über die Straße. Leider entscheiden sich die meisten Kunden noch für Einweg.“

Die Lage in Konstanz

In Konstanz setzten bereits über 40 Anbieter von Take-away und To-go auf das Pfandsystem von „Recup“/„Rebowl“, dem nach eigenen Angaben größten Anbieter von Mehrwegsystem für die Gastronomie mit über 20.000 Ausgabestellen in Deutschland. Jedes Trinkgefäß kostet einen Euro Pfand, eine Schüssel fünf Euro.

Auch das Rosgartencafé hat sich für dieses System entschieden, „weil die Mehrheit der Unternehmen in Konstanz Recup verwendeten und ein Pfandsystem mehr Sinn ergibt, wenn es viele Abgabestellen gibt“, sagt Ramona Grutschnig. „Schade finde ich nur, dass wir immer wieder nachbestellen müssen, da weniger Becher bei uns abgegeben als mitgenommen werden. Das ist ein wenig mühsam und kostet auch immer Liefergebühren.“

Nur zwei Anträge auf Förderung

Die Stadt Konstanz hat die Einführung von Mehrwegverpackungen durch Gastronomiebetriebe finanziell unterstützt. Der Stadtrat hat dafür 5.000 Euro bewilligt. Doch das Interesse war überschaubar. Bis 15.12.2022, dem Ende der Antragsfrist, haben nur zwei Betriebe die Fördersumme von bis zu 250 Euro beantragt. Dabei handelte es sich um den „Campingkiosk Klausenhorn“ und „Evelyn‘s Kochinsel“ in Dingelsdorf. „Insgesamt wurden 445,30 Euro ausbezahlt“, sagt Xaver Haider von der Wirtschaftsförderung der Stadt. Ob das Förderprogramm nochmals aufgelegt wird, ist noch offen.

Viele Ausnahmen

Die neue Pflicht zum Mehrwegangebot gilt übrigens nicht für alle Anbieter bzw. Verpackungen von Essen und Getränke zum Mitnehmen. Ausgenommen sind kleinere Geschäfte wie Imbisse und Kioske, in denen höchstens fünf Beschäftigte arbeiten und die Verkaufsfläche weniger als 80 Quadratmeter beträgt. Diese Unternehmen sind jedoch dazu verpflichtet, die Mitnahme in mitgebrachten Behältern zu erlauben. Auch Pizzakartons oder Einweg-Aluminiumschalen fallen nicht unter die Verordnung.

Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga kritisiert, dass die neue Verpflichtung für die Branche mit viel Aufwand und Kosten verbunden sei. Umweltverbände bemängeln, dass es zu viele Ausnahmeregeln gebe. Bei Missachtung der Mehrwegangebotspflicht können Geldstrafen von bis zu 10.000 Euro verhängt werden.

Ob und wie viel Plastikmüll mit der neuen Verordnung verhindert wird, hängt auch von den Verbrauchern ab, die letztendlich entscheiden, ob, wo und wie sie Essen und Getränke zum Mitnehmen kaufen.

Ramona Grutschnig vom Rosgartencafé sieht die Mehrwegangebotspflicht positiv: „Ich habe das Gefühl, Pfand im Allgemeinen wird mehr und mehr als das neue Normal angesehen“.

Sex and the Mehrweg: Ein Kommentar von Ralf Baumann