Die Alt-Konstanzer Hansele feiern einen runden Geburtstag: 40 Jahre werden sie dieses Jahr alt. Wir sprachen mit der Stv. Zunftmeisterin und Gründungsmitglied Claudia Büchler über die Zunft, die in einer langen Tradition närrischen Konstanzer Treibens steht.

Frau Büchler, das Hansele ist ausgestorben, beklagte 1934 der damalige Präsident der Elefanten AG, Walter Straehl. Wie kam es 1983 zu der Wiederbelebung der Figur und der Gründung der Alt-Konstanzer Hansele?

Claudia Büchler: Das geht auf besonders geschichtsinteressierte Konstanzer, insbesondere unseren Mitgründer Markus Stengele zurück. Auslöser waren Beschreibungen von Weißnarren im Barock, die im Konstanzer Stadtarchiv zu finden sind. Die Erkenntnis war neu, dass auch hier diese Figur bekannt war, die ja anderswo, wie an der Baar, ganz stark vertreten ist. Diese alte Tradition aufleben zu lassen, war der Wunsch der Gründungsväter Markus Stengele und Karlheinz Alter.

Claudia Büchler, 2. Vorsitzende der Alt-Konstanzer Hansele.
Claudia Büchler, 2. Vorsitzende der Alt-Konstanzer Hansele. Bild: AKH

Die Alt-Konstanzer Hansele unterscheiden sich in ihrem Erscheinungsbild deutlich von anderen bekannten Zünften und Gruppen. Was ist das Besondere?

Unsere Hansele sind freundliche Weißnarren. Die barocke Glattlarve zeigt einen typisch seealemannischen Ausdruck. Man kann nicht wirklich sagen, ob das Gesicht einem Mann oder einer Frau gehört. Und unser Häs ist ganz besonders kunstvoll, mit Ölfarben handgemalt nach alten Vorbildern.

Was zeichnet es denn aus?

Es richtet sich strikt nach dem, was wir aus den Quellen von den früheren Weißnarren wissen. Auf dem schweren Leinenstoff werden in Nass-in-nass-Technik kunstvolle Figuren und Motive gemalt. Jedes Häs ist einzigartig. Gemeinsam sind allen die Figuren von Seehas und Bär, die überliefert sind. Für die Motive und Barockschnörkel gibt es strenge Richtlinien. Die Auswahl trifft jedes Hansele selbst. Wir unterscheiden drei Typen von Hansele: die lokalen, die exotischen und die Blumen- oder Schnörkelhansele. Während die lokalen Hansele Szenen aus Konstanz tragen, können auch exotische Motive aus der Kolonialzeit gewählt werden. Fische und Vögel und Figurenpaare sind auf allen Häsern vorhanden.

Dann dauert es sicher sehr lang, bis so ein Häs fertig ist?

Ja, auf jeden Fall. Für ein Häs muss man schon rund ein Jahr Arbeit oder etwa 150 Arbeitsstunden rechnen. Die Bemalung findet unter Anleitung von Gilbert Glunk und Markus Stengele statt. Wir haben eine Mal-Schule, so dass niemand allein gelassen wird mit der Aufgabe.

Und die Maske?

Die kommt von einem Holzschnitzer aus dem Schwarzwald. Leider ist er verstorben. Aber wir haben noch einen Vorrat an unbemalten Masken. Es ist eine sogenannte Glattlarve nach barockem Vorbild. Die Bemalung, das Fassen der Larve, wird nach einer alten Technik von Gilbert Glunk übernommen.. Die Haare sind aus Rosshaar und in Wellen gelegt, eine Persiflage auf den französischen Adel zur Barockzeit. Ebenso wie das Wangenrouge. Im Kontrast dazu steht der Fuchsschwanz, der oben befestigt ist. Der steht für Schläue und Gewitztheit. Die exotischen Hansele haben zusätzlich einen kleinen, bunten Straußenfederbusch auf dem Kopf.

Das Häs wird komplettiert durch weiße Handschuhe und schwarze Schuhe. Ziel ist, jedes Körperteil bedeckt zu halten, denn die Hansele wollen nicht erkannt werden, wenn sie durch die Straßen ziehen. Die Maske verändert die Stimme, was es zusätzlich leichter macht, unerkannt zu bleiben.

Wie leben die Hansele ihre Fasnacht?

Wir sind Straßenfasnachter. Unsere Leidenschaft ist das Schnurren und Strählen. Da das nicht jeder gleich kann, gibt es bei uns immer wieder Schnurrkurse. Unsere Attribute sind Pritsche und Weidenkorb, aus dem wir an Kinder, die einen Narrenspruch aufsagen können oder willige Gesprächspartner Süßes und Witziges verteilen. Da wir sogenannte Tagesnarren sind, müssen wir nach dem Betzeitläuten (18 Uhr) unser Häs ausziehen. Das betrifft übrigens alle Weißnarrenzünfte.

Wo sind die Hansele in der Fasnacht anzutreffen?

Wir sind hauptsächlich auf der Gass, gehen aber auch in Lokale und Cafés, in Geschäfte, auf den Markt oder zu Institutionen. So haben wir der Philharmonie schon des Öfteren einen Besuch abgestattet. #die hat sich dann mit einem Fasnachtslied bedankt. Am Fasnachtsdienstag sind wir beim „Lädele“ und pflegen den alten Heischebrauch. An diesem Tag sind wir fast die einzigen Narren in der Stadt und die Geschäfte freuen sich sehr über unseren Besuch. Aber die Hauptveranstaltung ist für uns das Fasnachtsausrufen am 6. Januar. Das ist einfach eine schöne Sache.

Wie ist die Resonanz der Menschen, wenn die Hansele kommen?

Die meisten machen den Spaß mit, wenn wir sie in der Tradition des Rügerechts mit „Untaten“ konfrontieren oder sie necken und auf den Arm nehmen. Wir leben eine gemütliche Fasnacht, denn für die Gespräche braucht man Zeit. Wenn der oder die Ausgewählte mitmacht, kann das auch länger dauern. Wenn wir merken, dass da eher Abneigung ist, lassen wir ihn oder sie natürlich in Ruhe. Es soll ja ein Spaß für alle sein. Jedem zum Wohl und niemand zum Leid.

Was bedeutet es für Sie persönlich, ein Alt-Konstanzer Hansele zu sein?

In einem Weißnarr an die Fasnacht zu gehen, ist etwas ganz Besonderes. Durch das wunderschöne, selbst gemalte Häs bereiten wir allen eine Freude. Die Art der Fasnacht mit Schnurren und Strählen liegt mir sehr am Herzen. Durch meine Mitarbeit im Vorstand möchte ich diese Tradition erhalten und weiterpflegen. Leider gehen immer weniger Maskenträger zum Schnurren und laufen mit der Maske in der Hand durch die Stadt. Der Urgedanke der Fasnacht sollte doch das Verbutzen und Vermummen bleiben.

Wie erging es den Hansele in den Coronajahren?

Wir waren trotzdem auf der Gass. Selbst im ersten Jahr, als die Regeln so streng waren, waren wir – ganz regelkonform – zu zweit in der Stadt unterwegs. Leute haben ihre Fenster aufgemacht und Ho Narro gerufen. Im letzten Jahr waren ja schon wieder die Geschäfte offen und wir konnten „Lädele“ gehen. Das machen wir am Rosenmontag und Fasnachtsdienstag. Wer einen Narrenspruch aufsagt bekommt etwas geschenkt.

Wie feiern die Hansele ihren runden Geburtstag?

Da 40 Jahre kein richtiges Jubiläum sind, werden wir für unsere Mitglieder und befreundete Zünfte ein kleines Feschtle machen. Anstatt Gastgeschenken der eingeladenen Zünfte werden wir für den Klinikclown des Fördervereins Kinderklinik sammeln.

Und wenn nicht Fasnacht ist?

Wir treffen uns einmal im Monat, besuchen gemeinsam kulturelle Veranstaltungen und organisieren Feste. Wir sind ein kleiner Verein, alle kennen sich, wir haben eine wunderbare Gemeinschaft.

Die Fragen stellte Heidi Czada
Markus Stengele ist Mitbegründer und Impulsgeber der Alt-Konstanzer Hansele (Siehe Info-Kasten).
Markus Stengele ist Mitbegründer und Impulsgeber der Alt-Konstanzer Hansele (Siehe Info-Kasten). Bild: Czada, Heidi