Mutter-Vater-Kind-Kuren-Fachkliniken sind wichtige Einrichtungen, um den oft anstrengenden Familienalltag wieder besser bewältigen zu können. Rita Schwarzelühr-Sutter wollte direkt bei der Klinikgeschäftsführung erfahren, wo der Schuh drückt. Impfpflicht, Personalmangel und Ausbildungssituation waren bei diesem Besuch die großen Themen.
„Wir haben hier ein scherwiegendes Problem, weil unsere Pflegefachkräfte spätestens Ende Februar geimpft sein müssen“, erklärte Benjamin Nickelsen von der Geschäftsleitung und Vorstand des Deutschen Arbeitskreises für Familienhilfe mit Sitz in Kirchzarten. Insgesamt bietet der Verein an sechs Standorten vom Schwarzwald bis zur Nord- und Ostsee, Fachkliniken für Mutter-Vater-Kind-Kuren an. „Der Bedarf an Kurmaßnahmen ist seit der Pandemielage besonders stark geworden, weil Corona etwas mit den Menschen gemacht hat und Mütter, Väter und Kinder eine dreiwöchige Auszeit dringend benötigen“, stellte Nickelsen die derzeitige Belegungssituation dar.
Mit 96 Mitarbeitern, darunter auch Teilzeitbeschäftigte, die bis zum Herbst dreifach geimpft sein sollten, eine nicht ganz einfache Umsetzung dieser gesetzlichen Vorgaben. Versorgen und betreuen muss die Belegschaft alleine am Standort Lenzkirch in 46 kindgerechten Appartements 130 Personen. „Schwierig wird die Situation nicht nur aufgrund des derzeit überall zu beobachtenden Personalmangels, sondern auch noch durch die Impfpflicht, die dazu führen kann, dass qualifizierte Mitarbeiter, die gerne hier im Haus arbeiten, aber sich nicht impfen lassen wollen, verloren gehen“, befürchtete Nickelsen.
Verständnis zeigte er dafür, dass diese Maßnahmen in Krankenhäusern umgesetzt werden müssen. Aber in unseren Mutter-Vater-Kind-Kur-Kliniken, bis auf eine Klinik in Staufen, in der auch behinderte Kinder aufgenommen werden, gäbe es keine Risikogruppen zu betreuen. Deswegen falle es schwer, das teilweise langjährige Personal, dass sich nicht impfen lassen möchte, zu verlieren. Er schlug vor, Reha-Kliniken, wie in Lenzkirch aus diesem Gesetz heraus zu nehmen. „Eine wichtige Maßnahme sei aber auf jeden Fall das Tragen von Masken,“ unterstrich er.
50 Prozent der Bewerber ungeimpft
Auf den sich immer stärker abzeichnenden Personalmangel weiter eingehend, informierte er die Bundestagsabgeordnete weiter, dass 50 Prozent der Bewerber- und Bewerberinnen ungeimpft seien beziehungsweise als ungeimpft gelten. Dies ist insbesondere bei den Ukrainerinnen, die besonders gerne in den Kliniken arbeiten würden, der Fall. Leider sind sie in ihrer Heimat mit dem russischen Sputnik- oder mit dem chinesischen Impfstoff geimpft, der hier bei uns nicht anerkannt werde. „In Fachkliniken können sie deswegen nicht eingestellt werden, obwohl man wir sie dringend benötigen“, bedauerte er.
Dasselbe gelte für Pflegekräfte, Pädagogen, Psychologen, Hauswirtschafterinnen und Reinigungskräfte. Abhilfe könnte aber geschaffen werden, wenn anstelle von ausgebildeten Gesundheits- und Krankenpflegekräfte, die gesetzlich für Fachkliniken vorgegeben sind, Arzthelferinnen eingestellt würden. „Uns würde das genügen, wir sind ja kein Krankenhaus“, verdeutlichte Nickelsen und forderte für Fachkliniken wie das Haus Ursee, eine Ausnahmeregelung.
Kostensteigerungen für Personal, Energie und Lebensmittel, waren für Nickelsen und Verwaltungsleiter Christioph Albers ebenfalls ein prägnantes Gesprächsthema. „Leider interessiere das die Kostenträger überhaupt nicht“, bedauerten sie. “Einmal im Jahr werden die Sätze angepasst und gerade in dieser schwierigen Coronazeit wären weitere Anpassungen dringend notwendig“, betonte der Geschäftsleiter und wies darauf hin, dass die finanzielle Last im Grunde nicht mehr zu steuern sei und die Branche an die Wand gefahren werde.
„Es ist uns ein großes Anliegen für Kinder und Familien zu sorgen, der Bedarf an Mutter-Vater-Kind-Kliniken ist da“, betonte die Bundestagsabgeordnete und versicherte, dass es Hilfen geben werde, wie es ja auch in der akuten Pandemie der Fall gewesen sei. „Haben die sechs Häuser ihrer Arbeitsgemeinschaft denn in der Pandemie Verlust gemacht“, wollte sie mehr wissen. „Die letzten zwei Jahre waren nicht einfach, aber wir haben keine Verluste eingefahren“, informierte Nickelsen. Die Finanzausgleichszahlungen durch den Bund und die Einführung von Kurzarbeitergeld hätten enorm geholfen.
Mit dem Versprechen, sich um die Probleme der Fachkliniken der Familienhilfe zu kümmern, verabschiedete sich die Bundestagsabgeordnete, bevor sie sich bei einem Rundgang, an dem auch Bürgermeister Andreas Graf teilnahm, noch ein genaueres Bild der Klinik und ihren verschiedenen Abteilungen vermitteln ließ.
Weitere Infos
Deutscher Arbeitskreis für Familienhilfe e.V.
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