Weihnachtsbaum, Schnee und Familienfest: Nach dem sehnen sich aktuell wohl die meisten im Seewoche-Land rund um den vierten Advent. Darius Braun aus Salem-Beuren wird an Weihnachten nicht zuhause sein. Er feiert das Fest der Liebe gemeinsam mit seiner Freundin, die ihn auf seiner Abenteuer-Fahrradtour von Calgary nach Ushuaia im Süden Argentiniens besucht. Bei um die 20 Grad Celsius lässt es sich in La Paz in Mexiko am Golf von Kalifornien aber auch aushalten.

Darius Braun in Mexiko
„Es ist wunderschön hier“, sagt Darius Braun. „Und die Leute in Mexiko sind unheimlich hilfsbereit und sympathisch.“ Seit Anfang November befindet sich der 32-jährige ehemalige Hirntumor-Patient vom Bodensee in Mexiko. Davor radelte er von Calgary nach Vancouver und an der Westküste über diverse Nationalparks, San Francisco, der USA bis nach Los Angeles. Aktuell hat er etwa 6500 der geplanten 22.000 Kilometer absolviert.

„Ich erfülle mir gerade meinen absoluten Lebenstraum“, betont Darius Braun. „Eigentlich wollte ich ja schon vor zwei Jahren starten, aber auch zwei Jahre später ist es einfach der Hammer.“ Doch bis er mit dem Fahrrad in Calgary starten konnte, dauerte es etwas. Nach dem Flug nach Kanada war zunächst sein Fahrrad verschollen. Er startete mit einem Ersatz-Bike und bekam sein Material dann in Vancouver. Das war vor gut vier Monaten.

Viele Eindrücke gesammelt
Mittlerweile, nach fünf Platten, vier neuen Fahrradschläuchen, drei Mänteln, einem etwas heftigeren Unfall und mehr als 50.000 Höhenmetern, hat der 32-Jährige schon jede Menge erlebt. „Die Rocky Mountains mit dem Lake Moraine im kanadischen Alberta und die Nationalparks Redwood und Yosemite waren absolute Höhepunkte von der Natur her“, sagt er. „Aber auch das Gefühl, mit dem Fahrrad auf der Golden Gate Bridge in San Francisco zu fahren, war einfach genial.“

Und dann waren da noch die vielen Begegnungen mit Menschen, die ihn vor allem beeindrucken. Es sind Menschen wie den obdachlosen James, der mit seinem Hund von den Niagarafällen an die Westküste der USA unterwegs ist. „Er möchte mit seinem Marsch auf die Situation von Obdachlosen aufmerksam machen“, erklärt Darius Braun. Oder da war ein älterer Herr mit seiner Frau auf einem Campingplatz, die ihn zum Barbecue einluden, als er von seiner Tour erzählte. Dort stellte sich heraus, dass der Mann Pfarrer ist und er mit einer ganzen Gruppe unterwegs war. „Am Ende hat mich die gesamte Gruppe gesegnet“, so der 32-Jährige.

Hilfsbereite Bauarbeiter
Eine weitere eindrucksvolle Begegnung gab es am zweiten Tag in Mexiko, als der Beurener mit dem Fahrrad nicht mehr schnell genug vor einem frisch geteerten Straßenabschnitt ausweichen konnte. „Ich fuhr mit dem Hinterrad in den heißen Teer, der mein Schutzblech schmelzen ließ“, erinnert er sich. „Da kamen sofort etwa zehn Bauarbeiter auf mich zu und haben mir geholfen.“ Letztlich flickten sie das Schutzblech mit einem Stück Draht, das sie kurzerhand aus einem Zaun herausschnitten. Es sei die mexikanische Art und Weise, so etwas zu flicken, wurde ihm gesagt.

Herzlichkeit ist groß
Das sind nur drei Geschichten. „Es gäbe noch viele mehr“, betont Darius Braun. „Ganz oft werde ich zum Essen eingeladen und hin und wieder sogar ganz spontan zum Übernachten.“ Es gebe zudem ein großes Netzwerk, in dem Menschen bei anderen Bekannten für ihn ein gutes Wort einlegen, damit er Wochen später irgendwo übernachten könne. „Es ist vor allem die Hilfsbereitschaft und die Herzlichkeit von vielen Menschen, die mich wirklich berühren“, so der Fahrrad-Abenteurer.

„Ich fühle mich zuhause“
Und dann betont er zudem: „Nach mittlerweile mehr als vier Monaten unterwegs auf meinem Abenteuer, fühle ich mich irgendwie zuhause angekommen“, erklärt der Beurener. „Ich bin da, wo ich mich wohlfühle, und da, wo ich immer wieder tolle Menschen um mich habe.“ Oft binde man sich mit Besitztümern an einen Ort, an dem man nicht unbedingt glücklich sei. „Nur mit leichtem Gepäck zu reisen und unterwegs zu sein, ändert die Perspektive gewaltig“, sagt Darius Braun.

Er lebt seinen Lebenstraum
Er verwirklicht aktuell aber nicht nur seinen Lebenstraum, sondern möchte mit seinem Abenteuer auch etwas bewirken. Als ehemaliger Hirntumor-Patient, einer Operation mit 15 Jahren und einer langen harten Zeit, in dem ihn teilweise sogar die Spezialisten bereits aufgegeben hatten, kämpfte sich der 32-Jährige zurück ins Leben. „Wichtig ist, immer weiterzumachen, auch wenn die Schritte noch so klein sind“, betont er. „Man darf eben nie den Kopf in den Sand stecken.“

Umso erstaunlicher ist die Leistung, die er momentan vollbringt. „Es ist nicht einfach für mich“, gibt er offen zu. „Ich muss mich im Verkehr unheimlich konzentrieren und fokussieren, was mir nicht leichtfällt.“ Diesbezüglich spüre er tagtäglich, dass er vor einigen Jahren noch schwer krank gewesen sei. Abends sei er dann in der Regel richtig müde – teilweise mehr vom Konzentrieren als vom Radeln.

Man sollte nie aufgeben
„Ich bin der beste Beweis, dass man nie aufgeben und vor allem immer träumen darf“, betont Darius Braun. „Ich habe damals, als es mir schlecht ging, kaum Unterstützung bekommen. Jetzt hoffe ich, dass ich durch meine Tour auf das Thema Hirntumor aufmerksam machen und dadurch Menschen Kraft und Zuversicht geben kann.“ Er möchte aber nicht nur zeigen, dass man Träume leben soll, egal wie ausweglos die Situation scheint. „Ich möchte auch Geld für die deutsche Hirntumorhilfe sammeln“, so der 32-Jährige.

Nun steht aber erst einmal Weihnachten auf dem Programm: „Ich freue mich riesig, dass ich meine Freundin wiedersehe“, sagt Darius Braun. „Wir werden Weihnachten und Silvester in Mexiko verbringen.“ Wie genau gefeiert wird, weiß er noch nicht. „Ich hoffe, dass wir so viel Zeit wie möglich gemeinsam verbringen werden“, sagt Darius Braun. „Vielleicht treffen wir noch eine Familie auf einem Segelboot.“ Und im Januar geht sein „Lebenstraum, für den ich lange Jahre hart gearbeitet habe“, weiter. Am 6. Januar wird er mit einem Mann aus Alaska und dessen Segelboot zu einem dreitägigen Törn nach Mazatlan auf dem mexikanischen Festland durch den Golf von Kalifornien aufbrechen. Dort geht es dann weiter in Richtung Guatemala, das im Februar erreicht werden soll.
Darius Braun
Der 31-Jährige ist in Heiligenberg geboren. 1991 zog er mit den Eltern nach Salem-Beuren. Nach dem Abitur begann er in Weingarten ein Lehramtsstudium. In Bad Waldsee absolvierte er sein Referendariat an der Werkrealschule. Nach dem zweiten Staatsexamen zog es ihn im April 2019 wieder zurück in seine Heimat, von wo aus er als Reiseleiter für internationale Wander- und Abenteuerreisen bei einem Anbieter in Deutschland tätig war. Zuletzt arbeitete er zwei Jahre als Lehrer unter anderem in Tuttlingen.
Route
Start war im kanadischen Calgary. Dann ging es nach Vancouver zum Pazifik und an die Westküste der USA bis nach Mexiko. Aktuell befindet er sich am Golf von Kalifornien und wird im Januar ans Festland segeln und von dort mit dem Rad weiterfahren, bis er wohl im Februar Guatemala erreicht. Über Costa Rica geht es nach Panama. Von dort aus plant Darius Braun mit dem Schiff überzusetzen und im kolumbianischen Turbo seine Mammut-Tour fortzusetzen. Dann führt die Route über Ecuador, Peru und Chile nach Argentinien und über Patagonien bis nach Feuerland und Ushuaia.
Fahrrad-Blog
Darius Braun schreibt regelmäßig über seine Erlebnisse und Erfahrungen auf seiner Tour in seinem eigenen Blog. Außerdem sammelt er Spenden für die deutsche Hirntumorhilfe. Wer ihn persönlich unterstützen möchte, findet das Spendenkonto im Internet unter: