Auge in Auge mit den Berberaffen – und zwar in den Bäumen: Affenberg-Direktor Roland Hilgartner möchte diesen Traum allen Interessierten ermöglichen. Deshalb schmiedete er den Plan eines sogenannten Treewalks. Dabei führt der Weg über insgesamt zwölf Plattformen und elf Hängebrücken bis in eine Höhe von elf Metern. Alles ist in den Bäumen aufgehängt. „Es wird teilweise eine richtig wackelige Angelegenheit“, sagt Roland Hilgartner. „Das ist sicherlich nichts für jedermann, wird aber eine wahre Attraktion.“

Video: Jäckle, Reiner

Spektakuläre Pläne

Als die Pläne im Dezember vergangenen Jahres im Salemer Gemeinderat vorgestellt wurden, machten sie die Runde wie ein Lauffeuer. Kein Wunder, denn sie hörten sich spektakulär an. Mittlerweile hat der Affenberg alle Bewilligungen und seit Ende Juni werden diese Pläne realisiert. Die Baustelle ist definitiv nichts für Menschen mit Höhenangst. Jeden Morgen um 8 Uhr kommen die Mitarbeiter der Firma Cambium aus Leutkirch auf den Affenberg. Dann werden die Klettergurte angelegt und es geht los.

Der Inhaber von Cambium, Simon Cassier, beim Vorbereiten der Netze für die Hängebrücken. Seine Firma hat den Treewalk konzipiert und baut ihn auf.
Der Inhaber von Cambium, Simon Cassier, beim Vorbereiten der Netze für die Hängebrücken. Seine Firma hat den Treewalk konzipiert und baut ihn auf. Bild: Jäckle, Reiner

Lange Entwicklungsphase

„Wir haben den Treewalk seit mehreren Jahren entwickelt und realisieren unser erstes Großprojekt in Europa“, erklärt Cambium-Inhaber Simon Cassier. Er und sein Team haben bereits 2015 einen großen Treewalk in Neuseeland installiert und diesen schon drei Mal erweitert. „Der am Affenberg sieht zwar sehr ähnlich aus, ist aber extrem viel leichter“, so Simon Cassier. Diese Weiterentwicklung sei deshalb für den europäischen Markt unbedingt notwendig gewesen, weil die Bäume in Neuseeland teilweise mehr als doppelt so dick seien.

Andreas Hausner ist Montageleiter und jeden Tag am Affenberg, um den Treewalk aufzubauen. Hier installiert er eine Plattform um einen Stamm.
Andreas Hausner ist Montageleiter und jeden Tag am Affenberg, um den Treewalk aufzubauen. Hier installiert er eine Plattform um einen Stamm. Bild: Jäckle, Reiner

Immer wieder zieht sich ein Mitarbeiter an den Kletterseilen in die Luft. Um die Baumstämme werden braune selbstentwickelte Cambium-Schlingen gebunden. An diesen werden Stahlseile befestigt, an denen die Plattformen hängen. Weitere Cambium-Schlingen halten weitere Stahlseile, die die Hängebrücken halten. „Diese Schlingen sind dauerhaft nachhaltig und schädigen den Baum nicht“, so Simon Cassier. „Sie passen sich sogar dem Wachstum an und können gegebenenfalls recht einfach der veränderten Stammdicke angepasst werden.“ Sie würden so ähnlich funktionieren wie ein dehnbarer Gürtel.

Mitarbeiterin Ina Anwander installiert einen Teil einer Hängebrücke auf elf Metern Höhe.
Mitarbeiterin Ina Anwander installiert einen Teil einer Hängebrücke auf elf Metern Höhe. Bild: Jäckle, Reiner

Einzelne Hängebrückenteile werden mittlerweile in die Höhe gezogen. Teilweise hängen die Mitarbeiter auf mehr als zwölf Metern in der Luft. Sie befestigen die Teile an den Stahlseilen und fügen sie zusammen. Die längste Hängebrücke ist knapp 20 Meter lang. Anschließend werden die zweiteiligen Plattformen um die Baumstämme in die Höhe gezogen und ebenfalls justiert. „Die Brücken sind für jeweils acht Personen ausgelegt“, erklärt der Cambium-Inhaber. „Vor jeder Brücke werden noch Ampeln installiert, die anzeigen, wenn diese maximal belastet ist.“

„Es ist wirklich faszinierend, in welchem Tempo so ein Treewalk in den Wald gebaut wird“, schwärmt Roland Hilgartner. „Vor allem, dass tatsächlich kein Baum beschädigt wird.“ Innerhalb von nur drei Wochen ist der etwa 220 Meter lange Weg mit seinen zwölf Plattformen im Affenberg-Wald entstanden. Und auch die Berberaffen zeigen ganz offensichtlich Interesse daran: „Da wir Zeitraffer-Aufnahmen machen, haben wir bereits den ersten Berberaffen auf einer Plattform sitzen gesehen“, berichtet der Affenberg-Direktor und fügt schmunzelnd hinzu: „Ob sie auch schon auf den halbfertigen Hängebrücken unterwegs waren, wissen wir allerdings nicht.“

Hier passt Ina Anwander die einzelnen Teile einer Hängebrücke von der Höhe her an, damit sie danach verbunden werden können.
Hier passt Ina Anwander die einzelnen Teile einer Hängebrücke von der Höhe her an, damit sie danach verbunden werden können. Bild: Jäckle, Reiner

Große Elemente hängen alle

Seit Ende vergangener Woche hängt der Treewalk in den Bäumen. An den zwölf riesigen Buchen sind etwa eineinhalb Kilometer Stahlseile angebracht, die den gesamten Treewalk tragen. „Das Holz der Plattformen kommt übrigens aus dem Allgäu“, sagt Simon Cassier. „Die Wege der Hängebrücken sind aus Glasfaserkunststoff, um das Gewicht so weit es geht zu reduzieren.“ Geplant seien etwa 1000 Arbeitsstunden, bis alles fertig ist. Absolviert sind davon bislang erst etwa die Hälfte.

Ein Teil einer Hängebrücke wird hier vom Mitarbeiter am Boden nach oben gezogen, wo sein Kollege bereits wartet, um dieses Teil zu installieren.
Ein Teil einer Hängebrücke wird hier vom Mitarbeiter am Boden nach oben gezogen, wo sein Kollege bereits wartet, um dieses Teil zu installieren. Bild: Jäckle, Reiner

Nun ist das Cambium-Team mit dem „Feintuning“ beschäftigt, wie es der Cambium-Inhaber ausdrückt. Der Weg durch die Bäume ist zwar fertig, aber jetzt geht es um die Sicherung und die endgültige Abstimmung, denn der Treewalk kann am Ende von den Besuchern frei und ohne Sicherungsseil begangen werden. Die Netze an den Hängebrücken und an den Plattformen müssen ebenso noch angebracht werden, wie die endgültigen Verbindungen von allen Hängebrücken zu den Plattformen. Als Handlauf auf den Brücken dient auf beiden Seiten ein dickes Seil. Außerdem müssen die jeweiligen Ampelanlagen noch installiert werden.

Die Berberaffen haben eine der Plattformen schon getestet. Auch sie werden den Treewalk zum Klettern nutzen.
Die Berberaffen haben eine der Plattformen schon getestet. Auch sie werden den Treewalk zum Klettern nutzen. Bild: Jäckle, Reiner

Feinabstimmung steht an

„Bislang läuft alles nach Plan“, betont Simon Cassier und schmunzelt: „Allerdings weiß man nie, was bei der Feinabstimmung noch kommt.“ Eine kleine Hürde könnte noch die Treppe kurz vor dem Ausstieg werden, die extra ausgetüftelt wurde, um am Ende auf die geforderte Höhe zu kommen. Auch sie ist zwischen zwei Plattformen freischwebend. Roland Hilgartner freut sich auf jeden Fall jetzt schon riesig auf die neue Attraktion: „Die Vorfreude wird jedes Mal größer, wenn ich die Baustelle anschaue“, sagt er. „Ich denke, dass wir den Treewalk kurz nach den Sommerferien eröffnen können.“