Kaum jemand hätte geglaubt, dass es einen Eiswein 2021geben würde, doch am vergangenen Donnerstag, als die Trauben gelesen wurden, hatte es tatsächlich morgens um halb sechs minus acht Grad – vorausgesetzt für Eiswein ist eine Erntetemperatur von minus sieben Grad. Seewoche-Redakteur Reiner Jäckle war mit dabei, hat die Emotionen dokumentiert und mitgesammelt.

Seewoche-Redakteur Reiner Jäckle bei der Eiswein-Lese.
Seewoche-Redakteur Reiner Jäckle bei der Eiswein-Lese. Bild: Jäckle, Reiner

4.40 Uhr: Der Wecker klingelt, die Vorfreude ist da. Lange Unterhose, dicker Pullover, Handschuhe und Mütze werden angezogen. Es kann losgehen.

5.15 Uhr: Es geht in Richtung Riedetsweiler. Die Temperaturanzeige im Auto zeigt minus 5,5 Grad. Da es im Weinberg in der Regel nochmal etwas kälter ist, scheint das Unmögliche möglich zu sein: Es wird tatsächlich Eiswein gelesen.

Video: Jäckle, Reiner

5.30 Uhr: Im Weinberg leuchten bereits die Scheinwerfer. Die Freiwillige Feuerwehr hat zwei Aggregatwägen aufgestellt. Der erste Weg in Riedetsweiler führt mit Kellermeister Valentin Wagner, Geschäftsführer Martin Frank, Winzerverein-Vorsitzender Georg Dreher, auf dessen Weinberg die Reben hängen, und Pfarrer Matthias Schneider, der extra so früh aufgestanden ist, um der Aktion seinen Segen zu geben, zum Thermometer in den Reben: Es zeigt unglaubliche minus 8 Grad an.

5.31 Uhr: Etwa 25 Winzer und Erntehelfer beginnen mit der Lese. Es gilt, 3600 Quadratmeter und Trauben aus zwölf langen Reihen zu ernten. Erst müssen die tiefgefrorenen Beeren ausgepackt und dann gelesen werden.

Ein Helfer bei der Eiswein-Lese am frühen, eisigen Morgen.
Ein Helfer bei der Eiswein-Lese am frühen, eisigen Morgen. Bild: Jäckle, Reiner

5.42 Uhr: Die ersten roten Kisten sind voll. Die Stimmung unter den eifrig arbeitenden Erntehelfern ist bestens. Immer wieder ist ungläubiges „Das gibt‘s doch gar nicht“ zu hören. Kaum einer hat damit gerechnet, dass es tatsächlich so kalt werden würde.

6.10 Uhr: Bei der vorigen Eiswein-Lese vor drei Jahren waren nach 40 Minuten alle Trauben gelesen. Dieses Mal ist noch nicht einmal die Hälfte der Fläche geerntet.

Es gab richtig viele gefrorene Trauben. Am Ende waren es 330 Liter.
Es gab richtig viele gefrorene Trauben. Am Ende waren es 330 Liter. Bild: Jäckle, Reiner

6.27: Uhr: Valentin Wagner staunt über die Menge, die zusammenkommt. Da die Behälter langsam knapp werden, entscheidet er, dass die erste Fuhre bereits in die Presse gefahren wird. Das Kellerteam und Georg Dreher fahren den ersten Anhänger voll Trauben in die Meersburger Unterstadt.

7.14 Uhr: Die letzte Traube wird von der Rebe abgeschnitten. Insgesamt wurden etwa eineinhalb Tonnen gelesen. Das Ernteteam freut sich über die gelungene Aktion und hat sich das Frühstück im Winzerverein verdient.

7.32 Uhr: Die zweite und letzte Fuhre an Trauben kommt im Weinkeller in der Unterstadt an, wird ausgeladen und sofort gekeltert. Der Saft, der aus der Presse kommt, hat immer noch etwa minus vier Grad.

Jede Menge gefrorene Trauben kamen zusammen: Kellermeister Valentin Wagner (rechts) Weinküfer Gerold Salzig (Mitte) und Winzerverein-Vorsitzender Georg Dreher verteilen die Trauben in die Behälter.
Jede Menge gefrorene Trauben kamen zusammen: Kellermeister Valentin Wagner (rechts) Weinküfer Gerold Salzig (Mitte) und Winzerverein-Vorsitzender Georg Dreher verteilen die Trauben in die Behälter. Bild: Jäckle, Reiner

7.44 Uhr: Winzerverein Vorsitzender Georg Dreher betont, dass es der alleinige Verdienst von Valentin Wagner ist, dass der richtige Zeitpunkt zur Lese gewählt wurde.

8.13 Uhr: Valentin Wagner misst in regelmäßigen Abständen den Oechsle-grad des Saftes und ist von der Qualität überaus begeistert: bis zu 151 Grad Oechsle. Zudem sind schon mehr als 200 Liter gepresst.

12.46 Uhr: Der letzte Tropfen Saft fließt aus der Presse. Insgesamt sind zwei Fässer gefüllt. In einem sind 130 Liter mit 145 Grad Oechsle, im anderen 200 Liter mit 131 Grad Oechsle.