Polster von anfangs himmel- oder fliederblau und später rosa Blüten machen das Bodensee-Vergissmeinnicht zu einem unvergesslichen Anblick. Eine Augenweide, wenn im April und Mai diese zierlichen und weltweit einzigartigen Pflanzen wie Edelsteine ihre Blütenköpfe zwischen den Kieseln am Ufer des Bodensees emporstrecken. Das Bodensee-Vergissmeinnicht hat sich einen ganz speziellen Lebensraum ausgesucht: Denn die von ihnen besiedelten, wenig bewachsenen Uferbereiche liegen meist nur in den Winter- und Frühjahrsmonaten über dem Wasserspiegel. In der restlichen Zeit wachsen die Pflanzen untergetaucht und ertragen mehrmonatige Überflutungen sowie die Belastungen des Wellenschlags.
Extreme Bedingungen
Viele höherwüchsige Pflanzen, die das Bodensee-Vergissmeinnicht eigentlich verdrängen würden, können diese extremen Bedingungen nicht überleben. Dem Vergissmeinnicht kommen jedoch sein niedriger Wuchs, seine kurzen Seitentriebe und seine kräftigen Wurzeln zugute. Gemeinsam mit anderen kleinwüchsigen Pflanzen wie dem Ufer-Hahnenfuß und der Bodensee-Schmiele bildet das Bodensee-Vergissmeinnicht am Bodensee die sogenannte Strandschmielen-Gesellschaft – die ebenfalls weltweit einzigartig und wie das Vergissmeinnicht stark bedroht ist.
Starker Rückgang
War das Bodensee-Vergissmeinnicht nach der Eiszeit an den Uferbereichen aller Gletscherseen am Fuß der Alpen weit verbreitet, nehmen seine Bestände seit Anfang des 20. Jahrhunderts beständig ab. Heute finden sich nur noch vereinzelte Exemplare vor allem am Bodensee und am Starnberger See. Der Grund für das Verschwinden: Durch die Bebauung der Ufer wurde sein Lebensraum stark verkleinert. Dazu kommen wasserbauliche Maßnahmen wie die Kanalisierung der Rheinmündung bei Bregenz, wodurch es nach starken Regenfällen verstärkt zu Treibholzanschwemmungen an den natürlichen Ufern bei Lindau kommt. Dort werden die zierlichen Pflanzen vom Holz zerrieben.
Vom Aussterben bedroht
Durch die intensive Landwirtschaft gelangen zudem mehr Nährstoffe ins Wasser, so dass konkurrenzkräftigere Pflanzen verstärkt einwandern und den empfindlichen Bodensee-Strandrasen überwachsen. Veränderte Wasserstände infolge des Klimawandels und die intensive Freizeitnutzung der Kiesstrände stellen heutzutage die größte Bedrohung für das Bodensee-Vergissmeinnicht dar. Inzwischen steht es kurz vor dem Aussterben und zählt zu den am stärksten bedrohten Arten in Mitteleuropa.
Hilfe für die Pflanze
Die Arbeitsgruppe Bodenseeufer (AGBU) setzt sich seit Jahren für das Bodensee-Vergissmeinnicht ein. Als Zusammenschluss aus Wissenschaftler und Ingenieure aus unterschiedlichen Fachdisziplinen will der Verein durch anwendungsorientierte Forschung zu einem besseren Schutz und zu einer nachhaltig umweltgerechten Nutzung des Bodenseeufers beitragen.