Christine Saci besitzt etwas, um das sie viele Menschen beneiden dürften: eine umwerfende Stimme. Wenn die 30-Jährige ein Lied anstimmt, wird es ruhig im Saal. Fasziniert lauschen die Anwesenden der jungen Frau, die sich mühelos aus den Tiefen einer sonoren Altstimme zu den Höhen eines klaren Soprans hinaufschwingt, die mit dem Mikrofon zu verschmelzen scheint, wenn sie Töne hinein haucht, deren Stimme aber sofort den ganzen Raum zum Schwingen bringt, wenn sie vom Flüstern zum melodiösen Gesang einer Liederzeile wechselt.
Christine Saci ist ein Naturtalent. Bis heute hat sich niemand um die Ausbildung ihrer Stimme gekümmert und doch begeistert sie jeden, der sie einmal hat singen hören. Und das kann recht spontan passieren.

Spontane Auftritte
So eine spontane Situation gab es beispielsweise im Rahmen eines Jazzkonzertes in einer Überlinger Weinbar vor Corona. Saxophon-Spieler Benjamin Engel aus Überlingen und der Konstanzer Pianist Jürgen Waidele entdeckten Christine Saci im Publikum und holten sie kurzerhand auf die Bühne. Für drei Titel stand die zierliche Frau dort und passte sich problemlos dem Spiel der beiden weit über die Region hinaus bekannten Profis an.
Es wirkte so, als wenn diese Combo schon seit Jahren zusammen musizieren würde. Als Christine Saci das Mikrofon an Jürgen Waidele zurückgab und die beiden Musiker alleine weiterspielten, fehlte vielen in der Weinbar die Stimme der Sängerin. Sie hätten gerne weiter ihrer Interpretation von Liedern gelauscht.
Begabung schon als Kind
Christine Saci stammt aus Pfullendorf. Das erste Mal fiel ihre Stimmbegabung dem Musiklehrer in der fünften Klasse auf. „Er hat mich im Schulchor immer nach vorne geholt und mich die Soloparts singen lassen“, erzählt Christine Saci. Singen habe ihr schon als Kind Freude bereitet.

In ihrem Elternhaus sei viel gesungen und getanzt worden. Die Eltern sind Aramäer, gehören einer ethnische Minderheit an, die im Nahen Osten zu Hause ist. „In der aramäischen Kultur wird viel gesungen und getanzt“, erzählt die Musikerin. „Das hat mich geprägt.“ Mit zwei anderen Jugendlichen gründete sie als 17-Jährige die aramäische Band „Ninjos Dios“ (Kinder Gottes) und trat damit zum Beispiel bei aramäischen Hochzeitsfeiern auf. Schon damals begeisterte sie ihre Zuhörer mit ihrer Stimme.
Christine Saci sagt von sich selbst, dass sie eine gute Schülerin war, lern- und wissbegierig. Doch nach dem Fachabi sei der große Einbruch gekommen. „Ich wusste nicht, wie es in meinem Leben weitergehen sollte“, erzählt sie und beschreibt damit ein Problem, dass viele Jugendliche in diesem Alter haben. Christine Saci verließ ihr Elternhaus, folgte einem Freund an den Bodensee und trat dort die Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau an, die sie erfolgreich abschloss.
Die Ausbildungszeit
Während ihrer dreijährigen Ausbildungszeit sang die junge Frau immer weiter. „Das war oft mehr ein Schreien als ein Singen“, erzählt sie. Sie sei ihren Nachbarn damit gehörig auf die Nerven gegangen. Aber: „Beim Singen spüre ich mich, das Singen gibt mir Kraft und das war damals sehr wichtig für mich, denn ich war sehr hoffungslos.“ Christine Saci sagt über sich: „Mir fehlte damals vor allem das Selbstvertrauen.“ Dies änderte sich auch nicht, als sie in die Musicalschule Bodensee ging, um dort das Singen zu lernen. Und so griff sie nach dem ersten besten Strohhalm und nahm den Vorschlag eines Freundes an, sich nach Abschluss der Ausbildung als Sängerin in einem Hotel in Mexiko zu bewerben. Sie wurde engagiert und verbrachte ein gutes Jahr in Übersee, bevor sie zurück nach Überlingen kam.

Immerhin hatte sie nach dieser Zeit genügend Erfahrungen als Sängerin gesammelt, sodass der weitere Berufsweg klar vor ihr lag. Sie wollte ihr sängerisches Potential ausbauen. Seither arbeitet sie an diesem Plan. Sie tritt bei solchen Gelegenheiten, wie dem oben beschriebene Konzert auf, knüpft Netzwerkbeziehungen und hat die Arbeit an einem eigenen Soloprogramm aufgenommen. Sang sie bislang vor allem bekannte Blues- und Jazztitel, schreibt sie nun ihre eigenen Lieder. Eine erste Kostprobe davon gab sie in der jüngsten Überlinger Lesenacht im städtischen Museum. „Ich habe von Wut und Trauer gesungen“, erzählt sie. „Und die Leute haben lange geklatscht.“
Eigene Lieder
Wie kommt sie zu ihren Musiktiteln? „Ich laufe viel, bin draußen am See unterwegs. Wenn ich mich bewege, kommen die Melodien wie von selbst“, beschreibt sie den Prozess. Die Lieder setzt sie anschließend am Computer melodisch um. „Jetzt bin ich in einem tollen Prozess“, erklärt sie hoffungsfroh. Möglichst bald will sie ihr Publikum an diesem Schaffensprozess teilhaben lassen. Nämlich dann, wenn sie mit ihren Liedern endlich wieder auf die Bühne kann.