Brennkammern, morsche Dielen, Fenster ohne Glasscheiben, ein alter Sicherungskasten, diverse Gerätschaften und ein hoher Dachfirst: das sind nur ein paar Dinge, die heute noch von einer alten Dampfziegelei übriggeblieben sind. Sie soll zwischen 1896 und 1900 im westlichen Bodenseeraum erbaut worden sein, berichtet Autorin Jasmin Seidel in ihrem Buch „Lost Places am Bodensee“. Allerdings liege die Firma bereits etwa 60 Jahre brach – und das sieht man dem Gebäude auch durchaus an.

Beliebtes Ziel
„Diese Dampfziegelei ist ein ziemlich beliebtes Ziel bei Lost-Places-Fotografen“, berichtet Jasmin Seidel. „Ich bin bei Google-Recherchen auf sie gestoßen. Sie sind ein absolutes Muss, wenn man dort in der Region unterwegs ist.“ Allerdings war es nicht ganz so einfach, sie zu finden. „Ich hatte Bilder gesehen, wusste aber nicht genau, wo sie ist“, so die 41-Jährige. „Ich bin mit einem Freund querfeldein über eine Wiese, über einen Bach und auf einen kleinen Hang gelaufen.“ Da tauchte sie plötzlich vor den beiden auf: die Dampfziegelei.

Die Blütezeit der Fabrik muss wohl vor und nach dem Ersten Weltkrieg gewesen sein. Außerdem bot sie etwa 150 Personen eine Arbeitsstätte, bis die Ziegelproduktion 1962 eingestellt wurde. Diese Informationen hat Jasmin Seidel herausgefunden, weil der Ort kein allzu großes Geheimnis mehr ist, dennoch hält sie sich an die ungeschriebenen Gesetze von Lost-Place-Fotografen: „Man dringt keinesfalls mit Gewalt in einen Lost Place ein und lässt auch nichts mitgehen“, betont sie. „Und ganz wichtig: Man verrät nicht, wo genau sich dieser Platz befindet.“
Erstaunliche Größe
Die Dampfziegelei habe eine „erstaunliche Größe“ sagt sie, wobei sie beeindruckt war, dass die Mauern noch so gut intakt sind, obwohl seit 60 Jahren dort nichts mehr gemacht wird. „Trotzdem ist es wichtig, äußerst vorsichtig zu sein“, betont Jasmin Seidel. „Vor allem, wenn man in die oberen Stockwerke geht.“ Die Holzbretter sind bereits morsch und in den Böden gibt es zahlreiche große Löcher. „Deshalb haben wir uns zurückgehalten, die Stockwerke näher zu erkunden“, sagt sie. „Das hätte durchaus gefährlich werden können.“

Löcher im Obergeschoss
Faszinierend waren dennoch die langen Gänge vorbei an den klar erkennbaren Brennkammern und dem Dampfkessel. Die Treppen waren aus Beton und problemlos zu erkunden. „Doch durch die Löcher in den oberen Geschossen kann man bis zum Erdgeschoss durchschauen“, berichtet sie. „Deshalb haben wir alles vom Treppenhaus angeschaut, denn wir wollten auch wieder sicher nach Hause kommen.“
Jasmin Seidel
Die 41-Jährige ist in Waldkirch geboren, verbrachte ihre Kindheit im Elztal und lebt heute in Pfaffenweiler bei Freiburg. In ihrer Kindheit war sie mit ihren Eltern immer wieder am Bodensee und lernte schon damals die Ferienregion schätzen. Die gelernte Arzthelferin erkannte ihre Leidenschaft für die Fotografie durch einen Zufall: Die neue Kamera für den Urlaub entfachte diese große Liebe, die mit der Landschaftsfotografie ihren Anfang nahm. Recht schnell kam sie dann zur Lost-Places-Fotografie. Nun kehrte sie an den Bodensee zurück, um abseits der touristischen Pfade die Bodenseeregion neu zu entdecken. 2022 gewann Jasmin Seidel mit ihrem Buch „Lost Places im Schwarzwald“, das 2020 im Gmeiner Verlag erschienen ist, den Buchpreis „Wälderliebling“ bei der Buchmesse in Hinterzarten.
Zum Buch
Lost Places am Bodensee – Faszination des Verlassenen“ von Jasmin Seidel, erschienen im Gmeiner-Verlag, Bildband, Broschur, 192 Seiten, ISBN: 978-3-8392-0278-4, Preis: 26 Euro. Weitere Informationen zum Buch und zur Autorin gibt es im Internet unter:
Gewinnspiel
Die Seewoche verlost in Kooperation mit dem Gmeiner Verlag zwei Bildbände. Wer gewinnen möchte, schreibt einfach eine E-Mail mit dem Kennwort „Lost Places am Bodensee“ und der eigenen Adresse an:
win@seewoche.de