Mehrere Häuser sind vom verheerenden Brand in Überlingen in der vergangenen Woche betroffen. Es entstand ein geschätzter Sachschaden von etwa zwei Millionen Euro. Personen kamen nicht zu Schaden. So ein Brand hätte vor einigen Jahrzehnten noch ganze Innenstädte vernichten können. Den Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren ist es zu verdanken, dass der Brand schnell unter Kontrolle gebracht werden konnte. Neben der Freiwilligen Feuerwehr Überlingen war auch die Drehleiter aus Uhldingen-Mühlhofen im Einsatz. Wir haben mit dem dortigen Kommandanten Mischa Kaspar über den Einsatz gesprochen, mit welchen Gefühlen er zum Einsatzort kam und wie der Einsatz verlief.
Herr Kaspar, mit welchen Gefühlen denken Sie an den Brand in Überlingen in der vergangenen Woche zurück?
Es ist immer ein mulmiges Gefühl, wenn der Meldeempfänger losgeht und „Dachstuhlbrand Überlingen F3“ zu lesen ist. Letztlich sind wir alle froh, dass niemand verletzt wurde. Es war dann aber ein sehr koordinierter Einsatz. Es war ein großes Glück, dass die Überlinger Kameradinnen und Kameraden gerade bei einer Übung waren, als der Notruf einging. Dadurch waren sie unglaublich schnell am Einsatzort.
Ist es normal, dass Sie von der Freiwilligen Feuerwehr Uhldingen-Mühlhofen bei so einem Brand alarmiert werden?
Das ist es tatsächlich so, wenn es in der Überlinger Innenstadt brennt. In der Regel werden sofort zwei Drehleitern angefordert. Da wir die nächstgelegene Drehleiter haben, werden wir auch gleichzeitig mit alarmiert.
Der Brand wurde kurz nach 21 Uhr gemeldet. Wie läuft so eine Alarmierung ab?
Bereits um 21.07 Uhr wurden wir über unsere Meldeempfänger alarmiert. Danach bin ich sofort ins Feuerwehrhaus gefahren, habe mich umgezogen und bin in die Drehleiter eingestiegen. Währenddessen habe ich weitere Informationen zum Brand erhalten.

Diese waren?
Zunächst wurde ein offener Dachstuhlbrand bestätigt. Durch diese Meldung war uns bewusst, dass unsere Hilfe dringend benötigt wurde und somit Eile geboten war. Gerade durch die enge Bebauung in der Altstadt stehen die Feuerwehren vor ganz besonderen Herausforderungen. Die nächste Überlegung war, welche Anfahrt zu wählen ist, um in die Altstadt zukommen.
Wie war sie schließlich?
Da der direkte Weg in die Altstadt über Nußdorf führt, haben wir diese Abfahrt gewählt und in diesem Moment über den Funk erfahren, dass wir über die Franziskanerstraße und den Landungsplatz auf die Hofstatt fahren sollten.
Wie viele Kameraden waren von der Feuerwehr Uhldingen-Mühlhofen im Einsatz?
Mit mir waren wir zu dritt auf der Drehleiter. Im Feuerwehrhaus hielten sich 13 weitere Kameradinnen und Kameraden für etwa eine Stunde in Bereitschaft, für den Fall, dass noch Einsatzkräfte benötigt werden.
Was hat Sie dort erwartet?
Als Erstes wurden wir auf die Hofstatt eingewiesen und erhielten unsere Aufgabe. Währenddessen haben wir auch erfahren, dass es bislang zu keinem Personenschaden kam. Wir fuhren an den geplanten Standort und stellten die Drehleiter zur Riegelstellung auf. Der Brand war im ersten Moment beachtlich. Auch der zweite Dachstuhl brannte bereits. Die Überlinger Kameradinnen und Kameraden waren bereits mit dem Wenderohr über ihre Drehleiter und mit Atemschutztrupps im Innenangriff.
Was waren Ihre Aufgaben?
Die erste Aufgabe war, mit der Riegelstellung eine Ausbreitung des Brandes auf weitere Dachstühle zu verhindern. Nachdem der Brand unter Kontrolle war, erhielten wir die zweite Aufgabe. Diese war, die Entfernung der Dachziegel vom Nachbargebäude, um mögliche Glutnester zu lokalisieren und abzulöschen.

Wie lief der Einsatz vor Ort ganz konkret?
Der Drehleitermaschinist und Fahrzeugführer Lothar Becker stellte das Fahrzeug nach meinen Anweisungen als Einheitsführer an den Einsatzort und baute die Drehleiter auf. Währenddessen hat Truppmann Nils Keller die Atemschutzausrüstung angezogen, stieg in den Drehleiterkorb ein und übernahm die Löscharbeiten mit dem Wenderohr.
Wie lange dauerte der Einsatz?
Der Truppmann war etwa 40 Minuten mit dem Wenderohr im Einsatz. Im Anschluss waren drei weitere Trupps mit jeweils zwei Kameraden der Überlinger Wehr mit dem Öffnen des Daches und Bekämpfung der Glutnester bis etwa 1.30 Uhr beschäftigt. Danach waren wir noch bis ungefähr zwei Uhr vor Ort in Bereitschaft für eventuelle Nachlösch- und Sicherungsaufgaben. In der darauffolgenden Einsatzbesprechung wurden wir aus dem Einsatz herausgelöst, konnten die Drehleiter abbauen und in unser Feuerwehrhaus zurückfahren. Um 2.50 Uhr meldeten wir unsere Drehleiter wieder einsatzbereit auf der Leitstelle. Um kurz nach drei Uhr war ich dann endlich im Bett.
Es kamen ja auch erstmals Drohnen zum Einsatz. Wie stehen Sie dazu?
Diese Technik ist für uns bei solchen Einsätzen extrem wichtig. Eine Drohne kann mit ihrer Kamera einen schnellen und umfassenderen Überblick über die Einsatzstelle verschaffen. Zusätzlich mit einer Wärmebildkamera ausgestattet, bietet uns diese Technik noch weitere sehr wichtige Informationen und hilft uns bei der gezielten Brandbekämpfung. Vor allem bei einem Brand in einer so dicht bebauten Innenstadt wie Überlingen ist der Einsatz einer Drohne ein großer Vorteil, da damit die schlecht zugänglichen Rückseiten der Gebäude und die Innenhöfe kontrolliert und in Augenschein genommen werden können.
Die Fragen stellte Reiner JäckleMischa Kaspar
Der 48-Jährige ist in Unteruhldingen aufgewachsen und lebt heute mit seiner Familie in Mühlhofen. Der gelernte Schreiner und Zimmermann arbeitet heute auf dem Affenberg in Salem und ist, seitdem er 18 Jahre alt ist, in der Freiwilligen Feuerwehr Uhldingen-Mühlhofen, der er seit 2018 als Kommandant vorsteht.
Der Brand in Überlingen
Am 11. April wurde abends gegen 21 Uhr die Feuerwehr zu einem Dachstuhlbrand in einem Wohn- und Geschäftshaus auf die Überlinger Hofstatt in der historischen Altstadt gerufen. Personen kamen bei dem Brand glücklicherweise nicht zu Schaden. Die durch den Brand vorübergehend obdachlos gewordenen Bewohner der betroffenen Häuser wurden in der Nacht in einem nahegelegenen Hotel untergebracht. Insgesamt waren in der Spitze mehr als 100 Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr im Einsatz – unter anderem eine zweite Drehleiter aus Uhldingen-Mühlhofen. Außerdem waren rund 70 Einsatzkräfte des Deutschen Roten Kreuzes und Spezialisten des THW sowie die Landespolizei vor Ort. Ebenso zum Einsatz kam die Drohneneinheit des Bodenseekreises sowie der Gerätewagen Atemschutz, welcher in Markdorf stationiert ist. Gegen 22.45 Uhr war der Brand weitestgehend unter Kontrolle. Die Nachlösch- und Sicherungsarbeiten gingen aber schließlich bis zum Mittag des Folgetages. Ersten Schätzungen der Polizei zufolge kann aber von einem Schaden in Höhe von rund zwei Millionen Euro ausgegangen werden.