Auf der Bahnstrecke der oberschwäbischen Räuberbahn zwischen Altshausen und Pfullendorf startete am 16. April erfolgreich die erste Bürgerbahn in Baden-Württemberg. Erstmals werden dort planmäßige Nahverkehrszüge nicht ausschließlich von einem beauftragten und bezahlten Eisenbahnverkehrsunternehmen gefahren, sondern von einer ehrenamtlich organisierten und betriebenen Bürgerbahn. Mit dem Start verlängert sich auch die Räuberbahn-Saison bis 5. November.

„Mit unseren ehrenamtlich gefahrenen und organisierten Zügen ergänzen wir den bisher nur von Mai bis Oktober an Sonntagen angebotenen Saisonverkehr“, erklärt Vorstandsmitglied Matthias Boden vom Förderverein Räuberbahn das Konzept: Das Fahrtenangebot erweitert sich damit um 19 zusätzliche Verkehrstage.

Saisonverlängerung

Die Bürgerbahn bietet im April und ab Ende Oktober eine Vor- und Nachsaison; ferner ergänzt die Bürgerbahn ab 17. Juni den Saisonverkehr mit zusätzlichen Fahrtagen immer samstags. Die Bürgerbahn-Züge sind auf dem Fahrplan blau angezeigt. Die Zeiten für den Saisonverkehr der Räuberbahn erscheinen in grüner Farbe. Die roten angemieteten Triebwagen kommen von der Deutschen Bahn. „Wir danken ganz besonders auch der DB Regio für ihre Unterstützung unserer Bürgerbahn“, betont Frank von Meißner, Eisenbahnbetriebsleiter der Räuberbahn und einer der Projektleiter der Bürgerbahn.

Die ehrenamtlichen Bürgerbahn-Lokführer Felix Kieferle (links) und Dieter Stohr (vorne) absolvieren ihre Fahrpraxisausbildung unter den strengen Augen hauptamtlicher Lokführer, wie Tobias Krom (rechts).
Die ehrenamtlichen Bürgerbahn-Lokführer Felix Kieferle (links) und Dieter Stohr (vorne) absolvieren ihre Fahrpraxisausbildung unter den strengen Augen hauptamtlicher Lokführer, wie Tobias Krom (rechts). Bild: Sandra Häusler

Positives Zwischenfazit

Der Pfullendorfer Wirtschaftsförderer Bernd Mathieu ist Verwaltungschef der Räuberbahn und Mitinitiator der Bürgerbahn. Er zieht bereits nach wenigen Wochen ein positives Zwischenfazit: „Die Räuberbahn und die Bürgerbahn erhöhen die touristische Attraktivität von Pfullendorf und der Region und bieten dem einen oder anderen Pendler tatsächlich die Möglichkeit, nach Pfullendorf oder aus Pfullendorf hinaus zu pendeln“, sagt er. „Ich bin stolz, glücklich und erleichtert, dass wir nach fast drei Jahren Projektlaufzeit die Bürgerbahn erfolgreich aufgegleist haben.“ Dabei dankt Frank von Meißner allen Mitstreitern, aber auch Land und Bund für die finanzielle Unterstützung. Diese kamen unter anderem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg unterstützt den laufenden Betrieb mit einer Projektfinanzierung.

Viele Gäste zum Auftakt

Auch Matthias Boden, angehender Lokführer der Bürgerbahn und zugleich Vorstandsmitglied im Förderverein Räuberbahn zieht Bilanz: „Unsere Bürgerbahn-Züge sind pünktlich und mit vielen zufriedenen Fahrgästen gestartet.“ Felix Kieferle, ebenfalls angehender ehrenamtlicher Lokführer, ergänzt: „Wir zählten trotz des schlechten Wetters an den ersten beiden Verkehrstagen mehr als 200 Fahrgäste in unseren Zügen.“

Ausbildung zum Lokführer

Beide Ehrenamtlichen haben die ersten Bürgerbahnfahrten für ihre Fahrpraxisausbildung unter den strengen Augen hauptamtlicher Lokführer, die bei der Bürgerbahn für die gute Sache unentgeltlich tätig sind, genutzt. Rund ein Jahr dauert ihre Ausbildung, in der sich auch Dieter Stohr befindet. Er ist schon lange Jahre Zugbegleiter der Räuberbahn. „Das Interessante ist, die Bahnübergänge zu sichern“, sagt er. Denn das gehöre als betriebliche Aufgabe zum Lokführer dazu. Mit der Ausbildung erfülle er sich einen Kindheitstraum. Und noch etwas fällt ihm auf: „Die Fahrgäste sind in der Bürger- und der Räuberbahn sehr entspannt, viele DB-Zugbegleiter genießen das.“

Begleitprogramm im Zug

Zum Bürgerbahn-Projekt zählen aber nicht nur zusätzliche Züge, sondern auch eine intensive Informations- und Marketingarbeit sowie Begleitprogramme im und am Zug wie Kinderunterhaltung oder Livemusik im Zug: „Damit wollen wir die Bahn für die Bevölkerung noch attraktiver machen und im Freizeitverkehr eine Alternative zum Auto bieten. Das ist unser Beitrag zur Verkehrswende auch im ländlichen Raum,“ betont Heinz Oswald vom Förderverein. „Wir suchen auch weiterhin Bahnbegeisterte oder Heimatliebhaber, die als Zugbegleiter, bei der Werbung und auch bei der Organisation der Bürgerbahn unterstützen wollen“, so Heinz Oswald.